Versorgung bei Blutkrebs
Die Sorge ist groß, wenn Menschen die Diagnose Blutkrebs erhalten. Viele Ängste bestimmen von nun an das Leben. Fragestellungen um die Behandelbarkeit der Erkrankung und die Qualität der Versorgung stehen auf der Tagesordnung.
Im Interview sprechen wir dazu mit Professor Uwe Martens. Er gibt einen Einblick in die derzeitige Versorgungslage von Blutkrebspatienten und einen Ausblick auf zukünftige Behandlungsmöglichkeiten. Er macht Hoffnung und Mut, dass die verschiedenen Arten des Blutkrebs schon heute kein Todesurteil mehr sein müssen.

Im CancerSurvivor-Experteninterview berichtet Prof. Dr. Dr. Uwe Martens über den aktuellen Kampf gegen Blutkrebs und zukünftige, therapeutische Möglichkeiten.
Prof. Dr. Dr. Uwe Martens ist Direktor der Klinik für Innere Medizin III mit den Schwerpunkten Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am SLK-Klinikum Heilbronn und Leiter des Tumorzentrums Heilbronn-Franken. Er ist ebenso Vorstandsvorsitzender des Krebsverbands Baden-Württemberg e.V.
Martens sieht die Hauptaufgaben in der Vernetzung der Onkologischen Schwerpunkte und Tumorzentren sowie in der Förderung einer sektorenübergreifenden qualitativ hochwertigen Versorgung von Krebspatienten. Zu seinen beruflichen Meilensteinen zählt allen voran die Gründung des Tumorzentrum Heilbronn-Franken, welches seit 2010 nach den Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert ist.
Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Entwicklung personalisierter Krebstherapien sowie die Immunonkologie.
Wie ist heute die Versorgung in der Onkologie und wie insbesondere beim Blutkrebs?
Prof. Uwe Martens:
Ich glaube, wir können sagen, dass wir in Deutschland wirklich eine gute Versorgung auf hohem Niveau haben, und das Gute ist, das ist flächendeckend. Wir wollen ja sicherstellen, dass wir von Flensburg bis Berchtesgaden eine gute, moderne, nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft anbietende Versorgung haben. Und ich glaube, das können wir insgesamt hier sagen.
Wir haben ein Stufenkonzept. Bei dem Stufenkonzept haben wir zum einen die Versorgung durch niedergelassene Fachärzte für Hämatologie und internistische Onkologie. Die nächste Stufe sind Krankenhäuser, Schwerpunktkrankenhäuser, Krankenhäuser der Maximalversorgung mit onkologischen und Hämatologie Zentren und schließlich die Unikliniken sowie Spitzenzentren, deren Fokus dann vor allen Dingen auch die Forschung ist.
Grund zur Hoffnung? – Wie erfolgversprechend sind die modernen Therapien?
Prof. Uwe Martens:
Blutkrebs ist ja nicht nur eine Erkrankung. Unter Blutkrebs versteht man viele verschiedene Erkrankungen, und das ist das komplexe Gebiet der Hämatologie.
Erfreulicherweise gibt es eine Reihe von neuen zielgerichteten Therapien, die in der Lage sind, eine Krebserkrankung sowie auch den Blutkrebs ganz gezielt an der Wurzel zu packen. Diese zielgerichteten Therapien haben zum Teil sehr effektive Verhandlungsergebnisse und dadurch konnte auch gezeigt werden, dass für viele Erkrankungen eine wesentliche Verbesserung der Prognose erzielt werden kann. Die Heilung dieser Erkrankungen rückt näher.
Erhält jeder Patient das beste zeitgemäße Behandlungsangebot?
Prof. Uwe Martens:
In der Tat gehen wir davon aus, dass wir flächendeckend die bestmöglichen Therapien in Deutschland anbieten können.
Es ist ja so, dass die Patienten in ein jeweiliges hämatologisches Zentrum kommen oder auch in ein onkologische Zentrum bei Erkrankungen solider Tumore, und hier erwartet den Patienten ein multiprofessionelles Team, ein Team an Spezialisten, das sich darum sorgt, dass der Patient nach bestmöglichen Kriterien behandelt wird, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft. Und hier ist es entscheidend, dass wir eine gute Netzwerkbildung haben – Netzwerkbildung zwischen den einzelnen Experten, aber auch zwischen den einzelnen Zentren. Damit hoffen wir, dass dadurch alle Patienten eine bestmögliche Therapie erhalten können.
Wie gelingt eine gute Besprechung der Therapie mit dem Patienten?
Prof. Uwe Martens:
Nachdem die Diagnose einer Blutkrebserkrankung gestellt wurde, ist es Aufgabe, mit dem Patienten und auch den Angehörigen über die Prognose und über die weitere Behandlung zu sprechen. Die Therapien sind ja sehr komplex, teilweise auch sehr lang, und hier bietet sich an, dass man beispielsweise an einem Schaudiagramm in einer Übersicht deutlich macht, wie die nächsten Therapieschritte und -elemente aussehen oder das Gesamtkonzept der Therapie. Es muss also für den Patienten eindeutig sichtbar sein, wie die Therapie abläuft, denn an diesen Fixpunkten möchten sich gerne auch die Patienten und die Angehörigen orientieren. Das bietet Halt. Und es ist häufig auch so, dass nicht gleich alles verdaut wird, dass man Rückfragen hat. Und man muss jederzeit bereit sein, den Patienten wieder auf das aktuelle Niveau des Wissens zu bringen. Hier spielt die Sprache eine ganz große Rolle, und wir versuchen, auf jeden Patienten ganz intensiv, aber vor allem auch ganz individuell einzugehen.
Wie wird sich die Versorgungslandschaft in Zukunft verändern?
Prof. Uwe Martens:
Die Versorgung von Krebserkrankungen wird sich in den nächsten Jahrzehnten wesentlich verändern. Ich glaube, wir stehen vor einem der größten Umbrüche in der Medizin.
Es ist zum einen so, dass natürlich unser Gesundheitssystem immer teurer wird und wir müssen schauen Wie kriegen wir unsere Qualität erstens bezahlt und zweitens, wie kriegen wir den ganzen Fortschritt aber auch in der Fläche angewandt. Und ich denke, man wird sehr viel mehr konzentrieren. Man wird die Strukturen so gestalten, dass die Durchlässigkeit in der Versorgung einfacher sein wird. Das heißt von dem Facharzt über ein spezialisiertes Zentrum bis zu einem Spitzenzentrum, sodass hier Patienten jederzeit die bestmögliche Therapie bekommen können. Das heißt eine Bündelung der Kompetenzen.
Wir werden die Trennung der Sektoren noch weiter aufbrechen können zwischen der ambulanten Medizin und der stationären Medizin.
Aber was vor allen Dingen sich ändern wird, ist die Digitalisierung. Die Digitalisierung im Gesundheitssystem wird ein wesentlicher Motor der neuen Entwicklungen sein. Es ist ja so, dass wir auch jetzt schon die medizinischen Daten freiwillig in der elektronischen Patientenakte in der EPA ablegen können. Das ist seit 2021 möglich. Durch die Digitalisierung und durch die intensivere Möglichkeit der Netzwerkbildung wird es möglich sein, dass Diagnostik wie auch Therapie Entscheidungen viel breiter aufgestellt werden können. Man kann eine Diagnostik versenden und mit dem Kollegen, der das unterm Mikroskop anschaut oder eine moderne molekulare Diagnostik durchführt über Videokonferenz besprechen. Die Tumorkonferenzen können globalisiert werden. Der Vorteil ist, dass alle behandelnden Ärzte in der Klinik wie niedergelassen sowie auch weitere Beteiligte wie beispielsweise der Apotheker, Psychotherapeuten, Pflegeeinrichtung Zugriff erhalten können. Damit hat man einen Gesamtblick auf die Krankengeschichte.
Wie steht es um zukünftige Therapieformen und was ist in der Forschung zu erwarten?
Prof. Uwe Martens:
Die Fortschritte in der modernen Krebsforschung sind unglaublich. Wir können extrem zuversichtlich sein, dass neue Diagnostikmethoden, dass neue Therapieformen die Krebserkrankungen wesentlich verbessern können. Was Prognose angeht, aber auch Behandlungsmöglichkeiten.
Das betrifft die zielgerichteten Therapien. Wir sind in der Lage, eine Tumorerkrankung wirklich an der Wurzel zu packen und durch manchmal Tabletten oder durch Antikörper ganz gezielt zu behandeln. Aber auch die neuen Formen der Immuntherapie geben wirklich Anlass zur Hoffnung, dass wir immer besser eine Kontrolle über diese schwierigen Erkrankungen erzielen können.
Ein weiteres wichtiges Feld ist sicherlich auch die Digitalisierung. Krebsforschung braucht Daten, und die Nutzung der Daten aus den Krebsregistern, die wir haben, die wird unheimlich dazu beitragen, dass wir eine wissensgenerierende Medizin generieren können. Das ist ein enormer Vorteil. Und ich glaube, es wird auch so sein, dass wir die vielen Daten, die anfallen, durch Methoden der künstlichen Intelligenz immer weiter in der Forschung analysieren können und damit neue Behandlungsmöglichkeiten für den einzelnen Fall etablieren können.

Awareness-Monat
Blutkrebs
Dieser Artikel ist ein Beitrag aus der Serie des Awareness-Monats „Blutkrebs“. Weitere spannende Interviews, Artikel und Talk-Sendungen finden Sie in der Übersicht zum Blutkrebs-Monat.
Transcript
Ich glaube, wir ku00f6nnen sagen, dass wir in Deutschland wirklich eine gute Versorgung auf hohem Niveau haben.Und das Gute ist, das ist flu00e4chendeckend.Wir wollen ja sicherstellen, dass wir von Flensburg bis Berchtesgaden eine gute, moderne, nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft anbietende Versorgung haben.Und ich glaube, das ku00f6nnen wir insgesamt hier sagen.Wir haben ein Stufenkonzept.
Bei dem Stufenkonzept haben wir zum einen die Versorgung durch niedergelassene Fachu00e4rzte fu00fcr Hu00e4matologie und internistische Onkologie.Die nu00e4chste Stufe sind Krankenhu00e4user, Schwerpunktkrankenhu00e4user, Krankenhu00e4user der Maximalversorgung mit onkologischen und hu00e4matologischen Zentren und schlieu00dflich die Unikliniken sowie Spitzenzentren, deren Fokus dann vor allen Dingen auch die Forschung ist.Blutkrebs ist ja nicht nur eine Erkrankung.Blutkrebs, unter Blutkrebs versteht man viele verschiedene Erkrankungen und das ist das komplexe Gebiet der Hu00e4matologie.Erfreulicherweise gibt es eine Reihe von neuen zielgerichteten Therapien, die in der Lage sind, eine Krebserkrankung sowie auch den Blutkrebs ganz gezielt an der Wurzel zu packen.
Diese zielgerichteten Therapien haben zum Teil sehr effektive Behandlungsergebnisse und dadurch konnte auch gezeigt werden, dass fu00fcr viele Erkrankungen eine wesentliche Verbesserung der Prognose erzielt werden kann.Die Heilung dieser Erkrankungen ru00fcckt nu00e4her.In der Tat gehen wir davon aus, dass wir flu00e4chendeckend die bestmu00f6glichen Therapien in Deutschland anbieten ku00f6nnen.Es ist ja so, dass die Patienten in ein jeweiliges hu00e4matologisches Zentrum kommen oder aber auch in ein onkologisches Zentrum bei Erkrankungen solider Tumore.Und hier erwartet den Patienten ein multiprofessionelles Team.
Ein Team an Spezialisten, das sich darum sorgt, dass der Patient nach bestmu00f6glichen Kriterien behandelt wird, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft.Und hier ist es entscheidend, dass wir eine gute Netzwerkbildung haben.Netzwerkbildung zwischen den einzelnen Experten, aber auch zwischen den einzelnen Zentren.Damit hoffen wir, dass dadurch alle Patienten eine bestmu00f6gliche Therapie erhalten ku00f6nnen.Nachdem die Diagnose 1 Blutkrebserkrankung gestellt wurde, ist es Aufgabe, mit dem Patienten und auch den Angehu00f6rigen u00fcber die Prognose und u00fcber die weitere Behandlung zu sprechen.
Und die Therapien sind ja sehr komplex, teilweise auch sehr lange.Und hier bietet sich an, dass man beispielsweise an einem Schaudiagramm in 1 u00dcbersicht deutlich macht, wie die nu00e4chsten Therapieschritte, Elemente aussehen oder das Gesamtkonzept der Therapie.Es muss also fu00fcr den Patienten eindeutig sichtbar sein, wie die Therapie ablu00e4uft, weil an diesen Fixpunkten mu00f6chten sich gerne auch die Patienten und die Angehu00f6rigen orientieren.Das bietet Halt.Und es ist hu00e4ufig auch so, dass nicht gleich alles verdaut wird, dass man Ru00fcckfragen hat und man muss jederzeit bereit sein, den Patienten wieder auf das aktuelle Niveau des Wissens zu bringen.
Hier spielt die Sprache eine ganz grou00dfe Rolle und wir versuchen auf jeden Patienten ganz intensiv, aber vor allen Dingen auch ganz individuell einzugehen.Die Versorgung von Krebserkrankungen wird sich in den nu00e4chsten Jahrzehnten wesentlich veru00e4ndern.Ich glaub, wir verstehen vor einem der gru00f6u00dften Umbru00fcche in der Medizin.Es ist zum einen so, dass natu00fcrlich unser Gesundheitssystem immer teurer wird und wir mu00fcssen schauen, wie kriegen wir unsere Qualitu00e4t erstens bezahlt, zweitens, wie kriegen wir den ganzen Fortschritt, aber auch in der Flu00e4che angewandt?Und ich denke, man wird sehr viel mehr konzentrieren.
Man wird die Strukturen so gestalten, dass die Durchlu00e4ssigkeit in der Versorgung einfacher sein wird.Das heiu00dft, von dem Facharzt u00fcber ein spezialisiertes Zentrum bis zu einem Spitzenzentrum, sodass hier Patienten jederzeit die bestmu00f6gliche Therapie bekommen ku00f6nnen.Das heiu00dft, eine Bu00fcndelung der Kompetenzen.Wir werden die Trennung der Sektoren noch weiter aufbrechen ku00f6nnen zwischen der ambulanten Medizin und der stationu00e4ren Medizin.Aber was vor allen Dingen sich u00e4ndern wird, ist die Digitalisierung.
Die Digitalisierung im Gesundheitssystem wird ein wesentlicher Motor der neuen Entwicklungen sein.Es ist ja so, dass wir auch jetzt schon die Daten, die medizinischen Daten, freiwillig in der elektronischen Patientenakte in der EPA ablegen ku00f6nnen.Das ist seit 2021 mu00f6glich.Durch die Digitalisierung und durch die intensivere Mu00f6glichkeit der Netzwerkbildung wird es mu00f6glich sein, dass Diagnostik wie auch Therapieentscheidungen viel breiter aufgestellt werden ku00f6nnen.Man kann eine Diagnostik versenden und mit dem Kollegen, der das unter Mikroskop anschaut oder eine moderne Technologie durchfu00fchrt, eine moderne molekulare Diagnostik u00fcber Videokonferenz besprechen.
Die Tumorkonferenzen ku00f6nnen im Grunde genommen globalisiert werden.Der Vorteil ist, dass alle behandelnden u00c4rzte in der Klinik wie Niedergelassen sowie auch weitere Beteiligte wie beispielsweise der Apotheker, Psychotherapeuten, Pflegeeinrichtungen Zugriff erhalten ku00f6nnen.Damit hat man einen Gesamtblick auf die Krankengeschichte.Die Fortschritte in der modernen Krebsforschung sind unglaublich.Wir ku00f6nnen extrem zuversichtlich sein, dass neue Diagnostikmethoden, dass neue Therapieformen die Krebserkrankungen wesentlich verbessern ku00f6nnen, was Prognose angeht, aber auch Behandlungsmu00f6glichkeiten.
Das betrifft die zielgerichteten Therapien.Wir sind in der Lage, eine Tumorerkrankung wirklich an der Wurzel zu packen und durch manchmal Tabletten oder durch Antiku00f6rper ganz gezielt zu behandeln.Aber auch die neuen Formen der Immuntherapien geben wirklich anders zur Hoffnung, dass wir immer besser eine Kontrolle u00fcber diese schwierigen Erkrankungen erzielen ku00f6nnen.Ein weiteres wichtiges Feld ist sicherlich auch die Digitalisierung.Krebsforschung braucht Daten und die Nutzung der Daten aus den Krebsregistern, die wir haben, die wird unheimlich dazu beitragen, dass wir eine wissens generierende Medizin generieren ku00f6nnen.
Das ist ein enormer Vorteil und ich glaube, es wird auch so sein, dass wir die vielen Daten, die anfangen durch Methoden der ku00fcnstlichen Intelligenz immer weiter in der Forschung analysieren ku00f6nnen und damit neue Behandlungsmu00f6glichkeiten fu00fcr den einzelnen Fall etablieren ku00f6nnen.
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