Was Selbsthilfe in Deutschland bei Blutkrebs leistet
Die Begleitung beim erfolgreichen „Zurück ins Leben“ mit oder nach einer Krebserkrankung wird sehr häufig durch die engagierte und wertvolle Arbeit der vielen Selbsthilfegruppen unterstützt. In regelmäßigen Gruppentreffen wird diese so wichtige Unterstützung in aller Regel angeboten. Wir hören immer wieder, wie hilfreich es Betroffene empfinden, sich mit anderen in der gleichen Situation auszutauschen, Fragen stellen zu können, auf Menschen zu treffen, die Verständnis zeigen und wie gut es ihnen tut, sich angenommen zu fühlen. Bereichernd sind die gemeinsamen Unternehmungen, die es erlauben, auch mal vom Kranksein abgelenkt zu werden.
So können Betroffene Stück für Stück mehr Sicherheit gewinnen und eine Art neues Selbstverständnis im Umgang mit ihrer Krebserkrankung zu entwickeln, lernen Dinge anders zu sehen bzw. neu einzuordnen. Zudem erhalten Sie Unterstützung darin, sich gezielt zu informieren und ihr Wissen zu mehren.
Selbsthilfe
Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe
Wir sprechen mit Rainer Göbel, dem Vorsitzenden der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V. und fragen: Was darf man von Selbsthilfe erwarten? Im Sinne unseres Awareness-Monats „Blutkrebs“ wollen wir von ihm wissen: Welche spezielle Hilfe gibt es bei einer diagnostizierten Leukämie, einem Multiplen Myelom oder bei einem Hodgkin-Lymphom?
Rainer Göbel beschreibt im Interview mit Stephan Pregizer sehr anschaulich und mit trefflichen Beispielen, was Selbsthilfe leisten und bewirken kann und vor allem, was Selbsthilfe so wertvoll macht. Er zieht zudem ein Resümee und sagt, wo Selbsthilfe heute steht. Zudem wagt Rainer einen Ausblick, wie sich Selbsthilfe weiterentwickeln wird. Dabei kommen Aspekte wie digitale Formen, der Einsatz von Smartphones, die Sozialen Medien, Chat-Gruppen, Multimedia-Angebote etc. ins Spiel, die die Frage aufwerfen: Muss sich Selbsthilfe auch ein Stück weit neu erfinden und wenn ja, wie kann das gehen?
Wir danken Rainer Göbel sehr, für dieses aufschlussreiche und Sichtweisen erweiternde Interview, sowie für die wertvollen Antworten auf unsere diversen Fragen.

Awareness-Monat
Blutkrebs
Dieser Artikel ist ein Beitrag aus der Serie des Awareness-Monats „Blutkrebs“. Weitere spannende Interviews, Artikel und Talk-Sendungen finden Sie in der Übersicht zum Blutkrebs-Monat.
Transcript
Ganz herzlich willkommen, Rainer Gu00f6bel.Heute zu unserem Interview.Rainer, Du bist Vorsitzender der Deutschen Leuku00e4mie- und Lymphomhilfe e v, die ihren Sitz in Bonn hat.Ich darf dich ganz herzlich begru00fcu00dfen, freue mich, dass wir jetzt ein Gespru00e4ch fu00fchren du00fcrfen u00fcber Selbsthilfe.Du bist seit vielen Jahren darin engagiert und organisiert und jetzt haben wir ja grade den Awareness Monat Blutkrebs im September.
Wie wu00fcrdest du diese Awareness, also dieses Bewusstsein in der u00d6ffentlichkeit, bewerten?Warum ist es so wichtig, dass ein Bewusstsein u00fcber Blutkrebs in der u00d6ffentlichkeit entsteht?
Ja, zum Ersten ist Blutkrebs ein, also jede einzelne Blutkrebsart ist eine seltene Erkrankung und seltene Erkrankungen treten natu00fcrlich nicht so leicht in das Bewusstsein der Bevu00f6lkerung, weil sie eben nicht gleich beim Nachbarn auftauchen oder in dem Verwandtenkreis.Und dementsprechend ist es, finden wir es besonders schu00f6n, dass eine ein Awareness Monat die Mu00f6glichkeit bietet, auf vielfu00e4ltige Weise die verschiedenen Facetten darzustellen, die eine Beschu00e4ftigung mit dem Thema Blutkrebs ermu00f6glichen.Das sind halt sehr, sehr wenige Patienten, die es betrifft, die aber eine genauso hohe Aufmerksamkeit benu00f6tigen, sowohl im medizinischen, sozialen, auch in der u00d6ffentlichkeit.Und vieles geht halt unter, weil sehr hu00e4ufig, ich will das nicht schmu00e4lern, ist genauso wichtig, aber auch Brustkrebs und Darmkrebs und Lungenkrebs, Prostatakrebs im Vordergrund stehen.
Jetzt ist es ja hu00e4ufig bei diesen Krebserkrankungen so, dass man das dem Patienten, dem Betroffenen gar nicht so ansieht.
Ich finde, das ist glu00fccklicherweise hu00e4ufig der Fall und das liegt halt auch bisschen daran, wird er therapiert, wird er nicht therapiert.Wir haben viele Erkrankungsverlu00e4ufe, die mit einem Watch and Weight Stadium beginnen, sodass man dann auch erst mal eine ganze Weile nur beobachtet und regelmu00e4u00dfig Kontrollen durchfu00fchrt, rauszufinden, verschlimmert sich die Erkrankung gerade.Und diese Menschen nehmen sehr hu00e4ufig, wenn auch mit Einschru00e4nkungen am normalen Leben teil.Viele gehen auch noch arbeiten, wenngleich Blutkrebs eher eine Erkrankung des hu00f6heren Alters ist, also die Mehrheit von uns arbeitet eher nicht.Nichtsdestotrotz sind das halt die unterschiedlichen Bereiche, in denen das auftaucht und ja, natu00fcrlich hat es manchmal Nachteile, wenn man es einem nicht ansieht, also dass man sich gegenu00fcber jemandem anders rechtfertigen muss, wenn man erklu00e4ren muss, dass man im Bus sitzen bleibt oder neulich in der Arztpraxis dann 1 u00e4lteren Dame, die weit fortgeschritten gegenu00fcber meinem Alter war, habe ich mich dann tatsu00e4chlich offenbart und gesagt, ich wu00fcrde ihr gerne meinen Platz anbieten, aber die 15 Minuten stehen drauu00dfen haben fu00fcr mich heute schon gereicht vor der Anmeldung, dass ich jetzt unbedingt sitzen muss aufgrund meiner Erkrankung.
Und die fand das auch vu00f6llig normal und in Ordnung und bezog sich auf ihren Mann und meinte, sie kennt das und es ist u00fcberhaupt kein Problem fu00fcr sie.Also ich denke, da hilft auch manchmal die das offene Wort oder die einfache Kommunikation.
Jetzt wollen wir in unserem Gespru00e4ch das Thema Selbsthilfe in den Fokus nehmen und wer ku00f6nnte das besser wie Du?Du bist ja grade zu pru00e4destiniert, weil Du dich ja seit vielen Jahren in der Selbsthilfe auch engagierst.Beschreib uns doch mal das Angebot eurer Selbsthilfe, nu00e4mlich der Deutschen Leuku00e4mie und Lymphomhilfe e.V.
Also die Deutschen Leuku00e4mie und Lymphomhilfe ist ein Dachverband von Selbsthilfeorganisationen.Wir richten uns an die ganzen Selbsthilfegruppen in die bei uns halt die Mitglieder stellen.Wir haben also nicht die einzelnen Betroffenen oder Angehu00f6rigen als Mitglieder, das geht im Rahmen der Fu00f6rdermitgliedschaft, aber im Grou00dfen und Ganzen sind es die Selbsthilfegruppen.Und das Angebot, was wir halt bieten, ist vor allem der Bereich der Information.Damit sind wir am Anfang gestartet und haben das Ganze aufgebaut.
Es sind ja bei den hu00e4matologischen Krankheiten oder bei den Blutkrebskrankheiten sehr, sehr viele verschiedene unterschiedliche Auspru00e4gungen und danach richtet sich dann eben auch die Behandlung hu00e4ufig und auch die Einschru00e4nkungen, die die jeweiligen Patienten damit haben.Und somit haben wir angefangen, sehr, sehr viel Informationsmaterial zu schaffen, also Broschu00fcren, in denen Krankheiten erlu00e4utert werden und halt auch die Therapie und die Nebenwirkungen und das Handling.Gleichzeitig haben wir auch Infoblu00e4tter, wir machen Patiententage, wir machen einmal im Jahr einen Patientenkongress, den wir anbieten, damit eben auch unsere Gruppen und auch jeder, der Interesse daran hat, teilnehmen kann.Also wir versuchen das so niedrigschwellig wie mu00f6glich zu machen, eben auch jedem die Teilnahme zu ermu00f6glichen.Und letztlich ist es nicht natu00fcrlich nicht nur die Information, wir vertreten auch in der u00d6ffentlichkeit die Interessen von Patienten in verschiedensten Gremien, sei es auf politischer Ebene oder sei es in einem im Gesundheitsbereich.
Wir wir haben uns eingesetzt fu00fcr die verstu00e4rkte psychoonkologische Versorgung in Deutschland.Wir sind zum Beispiel im Bundesministerium fu00fcr Arbeit und Soziales, wirken bei den Schwerbehinderten, Einstufungen mit im Bereich der Hu00e4matologie.Wir sind im gemeinsamen Bundesausschuss vertreten dort die Interessen der Patienten bei neu zugelassenen Arzneimitteln, bei Impfungen.Ja, das sind so erstmal so die wesentlichen Punkte, die wir versuchen fu00fcr die Menschen zu erreichen.
Da kommt schon was zusammen.Ist schon Portfolio, ja.So, wie viel Selbsthilfeorganisationen fu00fchrt ihr zusammen oder habt ihr organisiert?
Wir haben u00fcber 80 Mitglieder Mitgliedsorganisationen und wir haben knappe 200 Fu00f6rdermitglieder und da versuchen wir halt eine gewisse Basis zu schaffen, eben auch Fortbildung fu00fcr unsere Gruppenleiter und u00c4hnliches, damit die halt ihre Arbeit vor Ort mit den Patientinnen und Patienten besser fu00fchren ku00f6nnen.Und ja, das ist so ungefu00e4hr die Gru00f6u00dfenordnung, die wir anbieten.
Was darf ich denn erwarten, wenn ich in eine Selbsthilfeorganisation, in eine Beratungsstelle von euch gehe?Was ist das Angebot?Was kann ich als Frischdiagnostizierter dort mitnehmen?
Also die Wege zu uns sind halt unterschiedlich.Man kann beim Bundesverband natu00fcrlich bei unserer Hotline anrufen und damit seine ersten Fragen loswerden und Informationsmaterial zugeschickt bekommen.Man kann auch gleich bei der Selbsthilfegruppe vor Ort anrufen, wenn man aus einem regionalen Verteiler das eher herausgefunden hat.Die Zentrale in Bonn versucht dann natu00fcrlich auch immer, dass den den Patienten oder den Angehu00f6rigen dann der lokalen Selbsthilfegruppe zuzufu00fchren.Man erwartet bei uns Gespru00e4chsrunden, die sind natu00fcrlich im Laufe der letzten Zeit mit der Pandemie haben die sich bisschen gewandelt.
Fru00fcher hatten wir eine klassische Leuku00e4miegruppe und eine klassische Lymphomgruppe und es hat dann in der Pandemie dazu gefu00fchrt, dass wir angefangen haben, eine gemischte virtuelle Gruppe anzubieten, weil wir gesagt haben, wir ku00f6nnen jetzt nur, weil wir uns nicht treffen du00fcrfen, ja nicht auf die Betreuung der Patientinnen und Patienten verzichten und machen jetzt, wenn kein Lockdown ist, so wie zum Beispiel auch heute Abend wieder ein Treffen in 1 Gaststu00e4tte unter freiem Himmel, aber u00fcberdacht.Na ja, also nicht ganz freier Himmel.Und also drauu00dfen, aber u00fcberdacht und da tauschen wir uns dann eben aus.Letztlich wird den Neuen meistens ein gru00f6u00dferer Freiraum gegeben, damit sie erst mal von sich berichten ku00f6nnen, ankommen ku00f6nnen.Manche Neue sind dann aber auch eher so, dass sie erst mal nur zuhu00f6ren wollen und mitbekommen mu00f6chten, erzu00e4hlen die sich alle so.
Ich werde hu00e4ufig in E-Mails kontaktiert und da wird dann gefragt, wie lu00e4uft denn das so bei euch ab?Also im Prinzip die analoge Frage und dann sage ich dann immer, dass wir einen inhaltlichen Austausch u00fcber die einzelnen Verlu00e4ufe bei den Patienten fu00fchren, von denen die es mu00f6chten und meistens wollen die berichten, was ihnen widerfahren ist in den letzten Wochen, Monaten und erzu00e4hlen dann halt von ihren Erlebnissen mit u00c4rzten, woraus sich dann halt so ein bisschen der Erfahrungspool auch bildet.Welche u00c4rzte kann man empfehlen, welche weniger oder wo gab es halt welche Schwierigkeiten.Dann hatten wir jetzt die Schwierigkeit zum Beispiel mit einem Medikament, welches fru00fcher ein das Markenpru00e4parat war, was jetzt zum Beispiel ein Generikum auch, also in den Bereich der Generika u00fcbergegangen ist, sodass dann halt viele auch verunsichert waren, weil das auch nicht kommuniziert wird fu00fcr Patienten, muss man halt leider sagen.Die u00c4rzte wissen das, aber die Patienten wissen das nicht und die u00c4rzte haben
Oder verriege kommen Sie in Generika.
Sie bekommen einfach ein Generikum und der Arzt verschreibt Ihnen das und meistens hat er nicht so viel Zeit, den auch noch zu erklu00e4ren, pass mal auf, es ist genau das Gleiche vom Wirkstoff her und dann sind die halt in der Apotheke verunsichert.Der Apotheker hat dann wieder ein Problem, das mit dem Patienten zu diskutieren.Der wiederum wird dann hu00e4ufig zum seinem Arzt zuru00fcckgeschickt nach der Mutter, da muss er dann halt dieses Kreuz machen, dass du auch das Original kriegst.Das kann der Arzt aber nicht beliebig tun.Also das ist halt so eine Spirale, wir dann halt auch hin und wieder, was das halt auch vorkommen kann bei uns.
Letztlich bringen auch manche ihre Befunde mit und sagen, guck mal, bei mir hat sich das jetzt so und so gezeigt, was sagt denn ihr dazu oder was sagst du dazu und das sind dann halt in der Regel so die Gespru00e4che, aber es geht eben auch u00fcber den, sagen wir mal, klassischen Blutkrebsbereich hinaus, dass man sich eben u00fcber Befindlichkeiten unterhu00e4lt, u00fcber Fatigue, u00fcber arbeitssoziale, sonst was Probleme, Arbeitslosigkeit, Krankschreibungen, Komplementu00e4rmedizin, was kann ich selber tun, was tue ich selbst, was mache ich an Bewegung, was mache ich an Bewu00e4ltigung meiner
Einschru00e4nkungen,
Manche haben halt bei bestimmten Medikamenten zum Beispiel starke Wadenkru00e4mpfe, da wird dann halt daru00fcber der Austausch betrieben.Wir reden nicht nur aufgrund der Pandemie, aber auch u00f6fter u00fcber Impfungen.Wann sind sie sinnvoll fu00fcr Blutkrebspatienten?Dazu muss man halt wissen, dass Blut- oder Lymphsystemerkrankung tatsu00e4chlich ja auch das Immunsystem betrifft und eine Impfung betrifft halt auch das Immunsystem.Das heiu00dft, es ist jetzt nicht vergleichbar wie ein Brustkrebs oder ein Prostata wo man sagen kann, okay, das eine ist in dem Organ und das andere ist das Immunsystem des Ku00f6rpers.
Deswegen ist es auch bei uns nicht unbedingt immer sinnvoll, dass man das Immunsystem stu00e4rkt, weil das kann eben manchmal auch ins Gegenteil fu00fchren.Und ja, solche Gespru00e4che werden bei uns gefu00fchrt und wir versuchen eben auch den neuen, den Weg dahin auch in den medizinischen Bereich, mit dem Sie sich jetzt logischerweise chronisch auseinandersetzen mu00fcssen, halt so einfach wie mu00f6glich zu gestalten.Ku00f6nnen auch
Angehu00f6rige mitkommen und da direkte Unterstu00fctzung erfahren?
Selbstverstu00e4ndlich, also wir beraten genauso oder nehmen genauso Angehu00f6rige wie Patienten auf.Manchmal sind die Patienten auch in der Klinik, weil sie gerade noch auf Station sind und der Angehu00f6rige mu00f6chte sich informieren und das machen wir vu00f6llig unabhu00e4ngig von, also machen wir beides zusammen.
Wann kommen denn die Patienten oder die Betroffenen in aller Regel zu euch?Wann schlagen die bei euch auf?
Das ist durchweg unterschiedlich.Also ich sag mal, manche nach der Diagnose direkt, weil sie haben das an den Kopf geknallt gekriegt und mehr
Sie verstehen's vielleicht nicht, was da steht?
Das das tun Sie sehr selten, das ist richtig.Also ich kann von Glu00fcck sagen, dass ich damals einstu00fcndiges Arztgespru00e4ch hatte, als meine Diagnose verku00fcndet wurde.Also der hat sich sehr viel Zeit genommen und hat mir den gesamten Verlauf erlu00e4utert.Welche Optionen haben wir?Was gibt es fu00fcr Medikamente?
Damals waren es halt auch noch nicht so viele wie heute, muss man dazu sagen.Und das rechne ich ihm nach wie vor sehr, sehr hoch an, dass er sich diese Zeit genommen hat und viele u00c4rzte tun das auch, aber es kommt eben oft genug vor, dass wir Fu00e4lle beschrieben kriegen von Teilnehmern, die dann am Freitagnachmittag im Rausgehen sozusagen, sagt der Arzt noch zwischen Bevor er die Tu00fcr noch zuzieht, der Arzt dann noch, by the way, es ist u00fcbrigens bu00f6sartig, Klappe zu und Arzt ist weg und das Wochenende beginnt.Und das sind dann so diese Dramasituationen und in dem Zusammenhang versuchen wir dann natu00fcrlich auch zu helfen.
Mit welcher Erwartung Rainer kann man zu euch kommen?
Na ja, wir geben halt keine u00e4rztlichen Ratschlu00e4ge logischerweise, weil wir in aller Regel keine u00c4rzte sind.Nichtsdestotrotz bringen wir ein Erfahrungswissen mit, wir bringen eine gewisse Empathie mit und jeder, zu uns kommt, kann sich in den meisten Fu00e4llen darauf verlassen, dass er von vielen der Teilnehmer sofort verstanden wird, weil jeder hat das ja auch schon mal hinter sich gebracht von denen, die bei uns sind und weiu00df halt, wie sich das anfu00fchlt, so eine Diagnose zu kriegen oder mit dem neuen Medikament nicht klarzukommen oder ja halt auch die Abwu00e4gung zwischen 2 Therapien fu00fcr sich klar zu bekommen.Also bei mir damals war es zum Beispiel der Unterschied zwischen der Chemotherapie auf der einen Seite und 1 Stammzelltransplantation auf der anderen Seite.Das beschu00e4ftigt viele Menschen halt einfach, wenn sie sich damit auseinandersetzen mu00fcssen.Und die Erwartung, die sie haben, ist halt, sie Verstu00e4ndnis bekommen, dass sie Unterstu00fctzung bekommen, dass sie im besten Falle hinterher mit einem besseren Gefu00fchl nach Hause gehen, als sie vorher gekommen sind.
Es ist ja schon dann auch eine Lebensentscheidung.
Die Entscheidung fu00fcr das Leben muss man in dem Fall selber treffen, das ist richtig und nicht ich will leben, das ist, denke ich, bei den meisten Menschen gegeben, aber wir haben heute die Zeit des sogenannten Informed Consent, das heiu00dft, der Arzt klu00e4rt den Patienten u00fcber die Alternativen auf und das fu00fchrt unweigerlich dazu, dass ich mich auch damit auseinandersetzen muss, welche welchen Weg gehe ich denn jetzt?Und das ist eine Entscheidung, die kann mein Leben pru00e4gen, durchaus.
Erlebst du, dass Patienten mit 1 falschen Vorstellung zu euch kommen, dass die zum Beispiel denken: Ja, da ist so ein Stuhlkreis, da reden alle nur u00fcber Krankheit, das zieht mich runter und jetzt hat mich mal eine Frau da hingeschickt.
Selten, ganz selten, Gott sei Dank.Das war's vielleicht auch in den Siebzigerjahren oder Achtzigerjahren, als Selbsthilfe halt so in Deutschland Fuu00df gefasst hat im Krebsbereich, Aber letztlich ist das von vielen heute wird das so nicht erwartet.Komischerweise erfahren wir aber hu00e4ufig, dass die Patienten von manchen u00c4rzten davon abgehalten werden, zur Selbsthilfe zu gehen, mit eben genau dieser Erlu00e4uterung, die Du grad gebracht hast, dass das ja einfach nur Jammerhaufen ist, die sich dann selber runterziehen und u00c4hnliches.Ich kann es nicht nachvollziehen, was u00c4rzte dazu bringt, weil wir haben fast nie u00c4rzte bei uns in den Gruppentreffen, die das also real hinterfragen ku00f6nnten.Nichtsdestotrotz sind die kommen die meisten entweder fragen sie vorher, was sie bei uns erwartet oder aber sie kommen halt mit relativ offenen Perspektive in der Hoffnung, dass ihnen bisschen geholfen wird.
Mit deiner Erfahrung u00fcber viele Jahre Selbsthilfe, was wu00e4re denn dein Resu00fcmee?Was, wenn du das im journalistischen Stil in 2 Su00e4tzen beschreiben solltest, was kann Selbsthilfe bringen?
Selbsthilfe bringt auf jeden Fall eine Unterstu00fctzung auf allen Bereichen, die der Krebspatient in dem Moment benu00f6tigt.Wenn man halt auch mit der Offenheit rangeht, dass man sich das von anderen Leuten sagen lassen mu00f6chte.Und somit glaube ich, dass Selbsthilfe eine Mu00f6glichkeit ist, fu00fcr jeden, wie der Name des Wortes ja schon suggeriert, zu lernen, wie man sich selbst helfen kann.Und mit selbst ist in dem Fall dann ja auch die Gruppe gemeint, sprich, wie man vielleicht auch perspektivisch anderen helfen kann, die dann zur Gruppe dazukommen.Ich erlebe das auch immer wieder, dass Teilnehmer, die noch gar nicht so lange dabei sind, auch darin aufgehen, anderen ihre, wenn auch recht kurz, zuru00fcckliegenden Erfahrungen mitteilen zu ku00f6nnen.
Und das wird auch immer sehr positiv aufgenommen.
Wie wird sich denn die Selbsthilfe weiterentwickeln?Also neue Formen, digitale Formen, Social Media, Facebook Gruppen et cetera.Was glaubst Du, wohin bewegt sich die Selbsthilfe in den nu00e4chsten Jahren?
Also nach meiner Wahrnehmung gehe ich davon aus, dass die klassische Selbsthilfe sich bisschen konsolidieren wird in den nu00e4chsten Jahren.Also es ist nicht nur in dem Bereich so, was das ehrenamtliche Engagement angeht, dass da tatsu00e4chlich auch son bisschen Nachwuchssorgen existieren.Das sollte man nicht verheimlichen.Andererseits gibt es sehr, sehr viele neue Angebote.Hast du gerade schon angesprochen, halt die Social Media, ich meine fast jede Selbsthilfegruppe ist heute im Internet, das ergibt sich, glaube ich, schon fast automatisch.
Aber es gibt eben auch sehr, sehr viele kleinere Gruppen, die sich u00fcber Facebook, u00fcber Twitter, u00fcber Telegram und u00c4hnlichem etablieren.Also bei Twitter dann halt mehr so Follower von Leuten, die halt im Bereich aktiv sind und ich glaube, dass es sich ein bisschen individualisieren wird in der Zukunft, wie sich auch die Krebstherapie generell individualisiert gerade.Wir haben momentan das klassische Bild von der entitu00e4tsspezifischen Selbsthilfe, sprich wir haben einen Verband fu00fcr Brustkrebs, wir haben einen Verband fu00fcr Prostatakrebs und so weiter und so fort.Also natu00fcrlich
wir machen's nach Organen im
Umgang Organen, Und letztlich merken wir aber doch zunehmend, dass zum Beispiel das Medikament, was bei dem einen Organ vielleicht ganz hilfreich ist, bei dem nu00e4chsten auch teilweise wirksam oder sogar noch wirksamer ist, als man bisher wusste.Und so gehe ich davon aus, dass wir im Rahmen der Wissenschaft im Laufe der nu00e4chsten na ja, doch 10 bis 20 Jahre soweit sein werden, dass wir viel zielgerichteter gucken ku00f6nnen, welche Mutationen hat wer, was lu00f6st es bei dem aus und wie mit welchen Medikamenten, vielleicht auch Cocktails in Anfu00fchrungszeichen therapiert man dann diese jeweilige Mutationskombination.Also somit gehe ich davon aus, dass sich auch die entitu00e4tsspezifische Selbsthilfe im Laufe der nu00e4chsten 20 Jahre ein Stu00fcck weit auflu00f6sen wird.
Was treibt dich denn an?Warum engagierst du dich im Ehrenamt?
Ich war eigentlich schon immer 1, der sich engagiert hat.In meinem Studium habe ich mich im Bundesverband der Pharmaziestudierenden engagiert, weil es mir hu00e4ufig auffu00e4llt, dass es Situationen gibt, wo man halt noch Lu00f6sungen fu00fcr braucht.Und ich mu00f6chte halt durchaus da weiterhelfen, wo es notwendig ist, die Situation fu00fcr Menschen zu verbessern.Das ist so ein kleiner altruistischer Ansatz, den ich den ich verfolge und der mir persu00f6nlich auch ganz guttut, glaube ich.Und somit habe ich fu00fcr mich entdeckt, dass das Engagement dort hilfreich und wichtig sein kann, dass wir natu00fcrlich auch jetzt einen kleinen Wandel begleiten mu00fcssen, hin auch mehr zu politischer Interessensvertretung.
Und ich finde gerade extrem spannend einerseits die Veru00e4nderung im medizinischen Bereich, dass da so sehr viel passiert.Ist fu00fcr mich als, sagen wir mal, Pharmazeuten sowieso schon interessant, aber als Selbsthilfevertreter ist es natu00fcrlich super spannend.Gleichzeitig haben wir in den letzten Jahren erlebt, dass man sehr viel besser mit u00c4rzten auf Augenhu00f6he kommunizieren kann.Das war vor einigen Jahrzehnten noch ganz, ganz anders.Also wenn ich denkbar.
Wenn ich an die Krebserkrankung bei meiner Mutter denke, da hat der Arzt mit meinem Vater und mir gesprochen, wie es meiner Mutter geht und meiner Mutter hat man nur gesagt, ja ja, wir helfen Ihnen und Ihnen wird geholfen und das ist das dann auch schon gewesen, so ungefu00e4hr.Und da sind wir heute ganz, ganz anders.Also was ich vorhin schon sagte, Patienten nehmen jetzt auch Entscheidungskompetenz wahr, mehr oder weniger intensiv, und die u00c4rzte bieten sie mehr oder weniger intensiv an, also auch unterschiedlich.Also wir entwickeln uns gerade ganz toll weiter.Und der neueste Weg, den wir gerade beschreiten, den ich im hu00f6chsten Mau00dfe interessant finde, ist, dass durch die Dekade gegen den Krebs jetzt eine NCT Erweiterung, also eine Erweiterung der bisherigen 2 Standorte Heidelberg und Dresden, des nationalen Zentrums fu00fcr Tumorerkrankungen in die Wege geleitet wird, wo eben auch Berlin 1 der Standorte ist, der dazugekommen ist.
Und in diesem Konglomerat arbeiten die Patientenvertreter auch auf Augenhu00f6he mit all den Medizinern und Organisationsentwicklern und ITern an dem Konzept, wie man einen 7 Standort NCT deutschlandweit aufbauen kann und das Ziel ist, dass die Patientenvertreter von Anfang an in der Forschung auch etabliert sind, dass es nicht nur mit ihnen geforscht wird als Objekt, sondern dass tatsu00e4chlich auch sie an der Entwicklung der klinischen Forschung beteiligt werden.Und sich dahin weiterzuentwickeln, finde ich einen ganz spannenden Moment gerade.
Wu00fcrdest du sagen, die Dinge sind, so wie sie sind, gerade auf einem guten Weg?
Sehr, definitiv.Also ich begru00fcu00dfe diese Entwicklung in diesem Bereich sehr, wenngleich ich natu00fcrlich mit einem weinenden Auge immer noch son bisschen dem dem klassischen Modell der der Kommunikation an der Basis mit den den Patientinnen und Patienten ein wenig nachweinen muss, weil es durchaus mich ja auch viele, viele Jahre begleitet hat.
Wenn wir fu00fcr einen Moment zum Schluss unseres Interviews noch eine sehr spekulative Frage stellen du00fcrfen.Lass uns fu00fcr einen Moment die Selbsthilfe wegdenken.Sie gu00e4be es nicht.Was wu00fcrde verloren gehen?Was wu00fcrde nicht zur Verfu00fcgung gestellt werden ku00f6nnen?
Wenn mit der Selbsthilfe auch noch deren Werke verloren gehen wu00fcrden, dann glaube ich, hu00e4tten wir tatsu00e4chlich im medizinischen Versorgungsbereich Krebs generell, da muss man nicht nur bei Blutkrebs gucken, da kann man alle Krebse sehen, eine absolute Unterversorgung der Patientinnen und Patienten, weil die die u00c4rzte u00fcberhaupt nicht die Zeit hu00e4tten, auch nicht die Kraft, die Muu00dfe, die Ausbildung, diesen Mediator zu spielen, den der Krebspatient in der Selbsthilfe und deren Informationsprodukten und in deren Interessenvertretung wiederfindet.
Wu00fcrde ein Stu00fcck Mut machen verloren gehen?
Definitiv.Also auf der emotionalen Seite fehlt dann gru00f6u00dftenteils der ganze empathische Faktor und wir werden das, wofu00fcr wir ja auch bekannt und beru00fchmt geworden sind, das das Zuhu00f6ren, das Miteinander, das gegenseitige Unterstu00fctzen und Helfen.Ich wu00fcsste nicht, wo das herkommen sollte und wer das liefern Wir
sind am Ende des Interviews angelangt.Ich darf dich ganz herzlich bedanken.Ich find's grou00dfartig, dass Du dir heute Zeit genommen hast, uns einen Einblick zum Thema Selbsthilfe zu gewu00e4hren und das sehr, sehr anschaulich.Ich wu00fcnsche dir persu00f6nlich das Allerbeste und mach weiter Ich glaube, Du und die Organisation, die Du vertrittst, wird gebraucht und ich finde das ein super Engagement, das Du leistest.Vielen Dank.
Vielen Dank auch dir.
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