Leben mit Krebs
Den Erkrankten gut begleiten
Ist die Diagnose Krebs ausgesprochen, hat sich die erschütternde Information gesetzt, müssen sich alle – die Betroffenen sowie Sie als Angehörige – gemeinsam in einem neuen, einem anderen Alltag zurechtfinden.
Arztgespräche, Therapien und Krankenhausaufenthalte eines Partners oder Elternteils stellen das gewohnte Leben völlig auf den Kopf, gekoppelt mit hoher emotionaler Anstrengung. Zweisamkeit, Freizeitaktivitäten, ein erfüllendes Berufsleben beispielsweise bekommen eine untergeordnete Bedeutung, werden nicht selten völlig ausgeblendet.
An Krebs zerbrechen oft Beziehungen. Versuchen Sie einen Ausgleich zu schaffen, gönnen Sie sich Erholung von den seelischen Strapazen, um die schwere Zeit gemeinsam durchzustehen. Das ist leichter gesagt als getan? Vielleicht helfen Ihnen die Informationen, Interviews mit Angehörigen sowie Experten auf den nächsten Seite.
Die drei Herausforderungen des Alltags meistern:
„Räume zum Reden“
Initiative für Pflegende Angehörige
Oft leisten Angehörige Unermessliches in der Versorgung geliebter Menschen. Das geht auch aus dem aktuellen Ipsen-Report “Krebserkrankung und ihre Folgen” hervor. Darin wird deutlich, dass die emotionale Belastung von pflegenden Angehörigen so hoch ist, dass viele unter ständiger Angst, Trauer und Verzweiflung leiden. Daraus resultierend wünschen sich 45,3 % mehr Möglichkeiten, sich über ihre Gefühle auszutauschen. Doch fast 70 % der Angehörigen kennen keinerlei psychische Unterstützungs-Programme. Viele von ihnen kämpfen folglich selbst mit gesundheitlichen Problemen.
Dabei sind die Familie und Freunde eines Schwerkranken elementar für den Behandlungsprozess und damit für das Gesundheitssystem. Leider werden sie noch viel zu wenig gehört. Es fehlt an Unterstützung. Es fehlt eine Lobby. Das soll sich ändern!
Die Initiative “Räume zum Reden” gibt Angehörigen von schwer oder chronisch kranken Patientinnen und Patienten eine Stimme – mit wichtigen Empfehlungen für das Leben und den Alltag. Hier erfahren sie, wie sie mit Ihrer Angst und Trauer umgehen können oder wie sie bei aller belastender Inanspruchnahme gut auf sich achten. In diesem Jahr stehen pflegende Angehörige von Patienten mit Krebserkrankungen im Mittelpunkt.
Erfahren Sie mehr: open_in_new www.raeume-zum-reden.eu
Therapiebegleitung und Arztgespräch
Nach der ersten Diagnose „Krebs“ folgt eine Reihe von Untersuchungen, die Tage manchmal auch Wochen dauern können, bevor ein endgültiges Ergebnis feststeht. Das ist für Betroffene eine unerträgliche Zeit des Wartens, die einer besonderen Unterstützung bedarf. Zu bevorstehenden Arztgesprächen sollten Sie den Betroffenen begleiten, denn vier Ohren verstehen mehr als zwei. Außerdem ist es gut, gemeinsam zu erfahren, was genau bei der Therapie passiert, wie sie wirkt und welche Konsequenzen sie auf den familiären Alltag und die Lebensqualität haben wird.
Therapieentscheidung – Experten raten
Wie es in Beziehungen nun einmal ist – egal ob unter Partnern oder zwischen Eltern und Kindern, kann auch im Rahmen einer anstehenden Krebstherapie Uneinigkeit darüber herrschen, welche Therapie die beste ist. In diesen Momenten ist es wichtig, dass keine Meinung, der anderen übergestülpt wird, wenngleich diese noch so gut gemeint ist. Die Entscheidung des Betroffenen sollten Angehörige akzeptieren, auch wenn es schwerfällt. Ein Psychoonkologe kann den Prozess der Therapieentscheidung begleiten.
Gemeinsam zum Arztgespräch
Vier Ohren hören mehr als zwei. Begleiten Sie Ihren Angehörigen zum Arztgespräch und bereiten Sie sich darauf vor, denn sicher sind Sie beide vor den anstehenden Gesprächen nervös und unsicher. In solchen Situationen vergisst man schnell wichtige Fragen. Hier haben wir Ihnen einige Tipps zusammengestellt, wie Sie sich gut vorbereiten können.
- Schreiben Sie Ihre Fragen im Vorfeld auf, um sie im Gespräch direkt parat zu haben. Fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas unklar geblieben ist – selbst wenn Sie das Gefühl haben, das Wartezimmer ist voll und der Arzt hat keine Zeit mehr.
- Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es sinnvoll, mit eigenen Worten zusammenzufassen, was ein Arzt gesagt hat, wie etwa: “Habe ich Sie richtig verstanden, dass …?”
Denkbare Fragen für das Gespräch beim Arzt finden Sie in dem eigenständigen Beitrag Fragebögen für das Arztgespräch. Hier haben wir Dokumente für Sie vorbereitet, die Sie direkt zum Termin mitnehmen können. Die Antworten können Sie gleich auf den Seiten stichpunktartig notieren.
- Rechtzeitige und vollständige Aufklärung und Beratung durch die behandelnden Ärzte
- Anspruch auf ärztliche Zweitmeinung unter bestimmten Voraussetzungen (Kostenübernahme mit Krankenkasse klären)
- Einsicht in Patientenakte
- Umfassende Dokumentation über Therapien und Behandlungen
- Beweispflicht des Arztes bei groben Behandlungsfehlern, ggf. Schadensersatz
- Entscheidung der Krankenkasse über beantragte Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel innerhalb von drei Wochen
- Angemessene und qualifizierte Versorgung
- Freie Arztwahl
- Selbstbestimmung und Vertraulichkeit
Therapieende und danach?
Endlich wieder ein normales Leben leben – das wünschen sich Betroffene und Angehörige nach Abschluss aller strapaziösen Behandlungen. Doch kann man die Krankheit wirklich ausblenden und wie wahrscheinlich ist ein Rückfall?
Veränderungen im Alltag
Eine Krebsbehandlung erfordert verschiedene Schritte und meist viel Zeit, auch für Sie als begleitende Angehörige. Sie sind nicht selten beansprucht, den Betroffenen zu Behandlungen wie Chemotherapie oder Bestrahlungen zu fahren und ihn anschließend auch zu Hause zu betreuen. Erkrankte sind in diesen Zeiten oft nicht sehr belastbar, vielleicht auch gereizt und abweisend. Sie hingegen sind mehrfach in der Pflicht – mit Haushalt, Beruf und der Organisation des täglichen Lebens. Gleichzeitig wollen Sie als verständnisvoller Partner den Betroffenen bestmöglich zur Seite stehen. Ein Spagat, der sich auf den Alltag und das Miteinander auswirkt. Das betrifft auch erwachsene Töchter oder Söhne, die plötzlich mit einer neuen Verantwortung konfrontiert werden.
Herausforderung Alltag
Eine Krebserkrankung, die damit verbundenen Therapien und emotionale Belastung hat auch Auswirkungen auf den Alltag einer Familie, auf gewohnte Abläufe und Strukturen. Manche versuchen weiter Normalität zu leben, für andere zählen mehr besondere Momente.
Den Lebensstandard halten
Unser Gesundheitssystem sorgt glücklicherweise dafür, dass Erkrankte Zugang zu Therapien haben, ohne an die Kosten denken zu müssen. Aber wie sieht es aus, wenn plötzlich ein Einkommen im gemeinsamen Haushalt wegbricht oder nur wenig Erspartes vorhanden ist.
Psychische Belastung und Hilfe
In einer Zeit der Furchtsamkeit, der emotionalen Auf und Abs entwickeln Paare und Familien ihre eigene Überlebensstrategie. Angehörige nehmen sich im Alltag oft zurück, obwohl sie Zuwendung ebenso dringend nötig haben, wie die Betroffenen selbst.
- Um eine Krebserkrankung über einen langen Zeitraum durchzustehen, sollten Sie als Team funktionieren. Ärzte und Therapeuten können Sie in diesem Prozess unterstützen.
- Als Angehöriger stehen Sie Ihrem Partner oder Elternteil emotional bei, organisieren den Alltag oder begleiten die Betroffenen zu Therapien. Sie sind jedoch nicht verantwortlich für den Erfolg von Behandlungen.
- Kleine Erfolge und Fortschritte sollten Sie gemeinsam feiern. Das sorgt für Glücksmomente, die Sie und der Betroffene unbedingt brauchen.
- Sorgen Sie für den Notfall vor. Bestimmen Sie gemeinsam, wer von Freunden oder Familienangehörigen einspringt, falls Sie krank werden oder einmal nicht zur Verfügung stehen.
- Suchen Sie sich Hilfe bestenfalls bevor Ihnen die Fürsorge und Betreuung über den Kopf wächst bei Therapeuten, Krankenkassen, Pflegediensten und Selbsthilfegruppen.
- Achten Sie auf Ihre Psyche, gönnen Sie sich Auszeiten und Erholung nur für sich allein.
Emotionale Herausforderungen
Die emotionalen Belastungen einer Krebserkrankung sind auf beiden Seiten enorm. Ängste und Sorgen begleiten Erkrankte, aber auch Sie auf Schritt und Tritt. Und weil der Krebs jedes Problem, jede alltägliche Hürde, eben alles in den Schatten stellt, kennen Sie sicher auch das Problem, dass Ihre eigenen Bedürfnisse und Empfindungen kaum Raum haben. Das ist auf Dauer nicht gesund. Konflikte und Missverständnisse entstehen, oft auch weil Intimität und lustvolle Zweisamkeit nicht mehr so gelebt werden wie vor der Diagnose. Den Krebs ausblenden und sich einfach nur der Liebe und Nähe des anderen hingeben “wie früher”, fällt vielen schwer. Gerade dann ist es wichtig, sich gegenseitig keinen Druck zu machen und über seine Gefühle zu sprechen.
Weiterführende Empfehlungen
Die Patientenratgeber der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft in der Reihe „Die blauen Ratgeber“ informieren seit 1994 allgemein verständlich über verschiedene Krebsarten, deren Früherkennung, Diagnose und Therapie sowie über Nachsorge. Darüber hinaus werden übergreifende Themen erläutert, beispielsweise Wege zu Sozialleistungen und Hilfen für Angehörige. Experten aus dem medizinischen Bereich prüfen die darin enthaltenen Fachinformationen.
Die Broschüre „Patienten und Ärzte als Partner – Die blauen Ratgeber 43“ richtet sich an Krebsbetroffene, Angehörige und Interessierte. Sie gibt Antworten auf medizinisch drängende
Fragen und bietet konkrete Hilfen an, um die Erkrankung zu bewältigen. Es werden Perspektiven für ein Leben mit und nach Krebs aufgezeigt.