Webcast: Leben mit Lungenkrebs
Selbstbestimmt, informiert, unterstützt
Nach der Diagnose Lungenkrebs fühlen sich Patienten und ihre Angehörigen oft zunächst hilflos. Wie können Patienten selbst diese Machtlosigkeit überwinden? Und was können Ärzte und Angehörige tun, um Betroffenen einen selbstbestimmten Umgang mit Lungenkrebs zu ermöglichen?
Die International Association of Lung Cancer hat den Monat November als „Lung Cancer Awareness Month“ (Lungenkrebs-Aktionsmonat) ausgerufen. MSD ging dieser Aufforderung nach, stellte die Krankheit Lungenkrebs im November 2019 in den Mittelpunkt einer Kampagne und produzierte einen Webcast zum Thema.
Der Webcast zum Nachlesen:
Moderator: Hallo und herzlich willkommen meine Damen und Herren, hier aus dem MSD hub in Berlin-Mitte am Alexanderufer. Im Aktionsmonat November wollen wir die Aufmerksamkeit rund um das Thema Lungenkrebs schaffen und laden Sie jetzt ganz herzlich ein, die nächsten 30 Minuten bei unserem Webinar zu Gast zu sein. Mein Leben mit Lungenkrebs, selbstbestimmt, informiert, unterstützt, so lautet unser Thema heute mit folgenden Gästen, die ich ganz herzlich begrüßen darf. Barbara Baysal ist bei uns. Sie ist Vorstand des Bundesverbandes Selbsthilfe Lungenkrebs e. V., herzlich willkommen. Wir haben eingeladen, Maria Menzlaw. Sie ist betroffene Lungenkrebspatienten. Und ich begrüße ganz herzlich Professor Doktor Bernd Schmidt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und stellvertretender Leiter zertifiziertes Lungenkrebszentrum DRK Klinik in Berlin-Mitte. Das war jetzt ein langer Titel. Herzlich willkommen an sie drei. Und ich darf beginnen mit der Frage, Barbara Baysal an Sie gestellt und auch an Sie Maria Menzlaw. Der Moment der Diagnose, das ist ja erst mal ein großer Schock, wenn man erfährt, man hat Lungenkrebs. Es fühlt sich wahrscheinlich an wie ein Riss durch das bisherige Leben. Frau Baysal, wie haben Sie das in Erinnerung? Wie war das bei Ihnen damals?
Barbara Baysal: Ich konnte es nicht begreifen, weil ich hatte den Sommer vorher bei über dreißig Grad mehrere Stunden Federball gespielt. Also wie man mir dann sagte, da ist was in der Lunge, was nicht hingehört, dachte ich musst doch irgendwie was merken, musst doch schwer Luft kriegen oder wie auch immer. Und bin in die Operation gegangen mit der Diagnose Verdacht auf Entzündung. Bin dann irgendwann aus der Narkose aufgewacht, habe mich so gewundert, warum mein Mann am Bett sitzt und weint. Und irgendwann war ich dann doch etwas mehr wach und die Ärztin war da. Und die sagte mir dann, es tut ihr leid. Es war eine große OP. Es war bösartig und man musste den unteren linken Lungenlappen entfernen und für mich-. Ich habe immer gesagt, es ist als ob mich ein Panzer überfahren hat, weil ich habe es nicht gespürt. Ich habe nichts gesehen, ich hatte nicht gehustet. Habe in meinem Kopf gedacht, ich war doch immer bei der Krebsvorsorge, dass man da woanders guckt, da habe ich überhaupt nicht darüber nachgedacht. Habe fünf Jahre vorher aufgehört zu rauchen, war 44 Jahre alt. Also relativ jung für so eine Diagnose 2001.
Moderator: Kurz zur Orientierung, wann war die erste Diagnose?
Barbara Baysal: 2001, jetzt kann man rechnen. Gut, ich bin jetzt 62. … Hatte dann nochmal 2003 einen Rückfall, der dann doch noch etwas viel, viel heftiger für mich war, weil die erste Aussage war gute Prognose. Wir brauchen nichts weiter machen, alles okay. Und 2003 dann eben ein Rückfall im Mediastinum in der Mitte. War für mich dann wesentlich schlimmer, weil Diagnose kam Freitag mittags um 12:30 Uhr.
Moderator: Und Sie hatten wohl auch eben Familienfest an dem Tag.
Barbara Baysal: Wir hatten ein großes Familienfest. Also es war der 70. Geburtstag meiner Mutter mit auch 70 Gästen und ich hatte keinen-. Es war kein Arzt mehr da, der mir irgendwie was sagen konnte. Es war nur nach dem CT-Bild, dass man gesagt hat, da ist wieder was. Weiß heute nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin. Ich war mit dem Auto da und-.
Moderator: Also eigentlich unverantwortlich, weil völlig allein gelassen?
Barbara Baysal: Ja, also ich habe, musste dann also dieses Wochenende auch-. Irgendwie habe ich es überstanden, wie auch immer. Und dann war dann Montag das erste Gespräch in der Klinik, wo dann eben herauskam nochmal diese komplette Diagnostik durchlaufen und dann kam eben-. Es ist zum Glück weiter nichts da, man würde nochmal operieren. Hat dann nochmal operiert, dann mit Bestrahlung und toi, toi, toi. Seitdem sagen wir mal tumorfrei. Wort Heilung mag ich bei Krebs nicht.
Moderator: Maria Menzlaw, wie war bei Ihnen diese einschneidende Situation? Was erinnern Sie?
Maria Menzlaw: Meine Erstdiagnose war vor 13 Jahren und die war direkt aus dem Berufsleben. Ich war in dem Moment, habe ich gearbeitet und mir fiel immer der Stift aus der Hand und hatte so ein Kribbeln im Arm gehabt. Und habe das aber auf Verspannungen und so was zurückgeführt bis ich auch angefangen habe Sprachschwierigkeiten zu kriegen im Gespräch. Und dann habe ich gesagt ich höre für heute auf und bin zu meiner Hausärztin. Meinte ach ich weiß nicht, ich fühle mich nicht so. Und dann hat sie so Reflexe überprüft und dann bin ich eigentlich in die Klinik in die Notaufnahme. Und dann hat man eben einen Schatten im Kopf entdeckt und dann bin ich quasi in die ganzen Untersuchungen, bis man den Haupttumor in der Lunge gefunden hat. Also ich habe es in dem Moment nicht realisiert. Ich habe ganz lange gesagt ich fliege. Ich bin nicht gelandet. Also auch, wenn man mit mir geredet hat oder mir versucht hat das klarzumachen. Ich habe abgeschaltet. Ich, diejenige, die eigentlich immer klar denken wollte und die gedacht hat, mein Leben sehr geordnet. Ich wollte das nicht hören. Ich wollte das nicht hören was sie vorhatten, wollte ich nicht. Musste das aber, weil es mir immer schlechter ging. Und vor allen Dingen im Kopf, das hat dann gedrückt und ich war dann dadurch gelähmt auf der rechten Seite. Und dann ging alles relativ schnell, erst die Kopf-OP, dann die Lungen-OP und dann bestrahlen und dann die Chemo. Und das Ganze hat ein Jahr gedauert. Und eigentlich hatte ich immer auch den Gedanken, was die Ärzte mir damals gesagt haben. Regeln Sie ihr Leben, und zwar schnell. Und das hat für mich nur eins bedeutet. Es hat keiner gesagt, ich habe nicht mehr so viel Zeit (Moderator: Viel Zeit.). Und habe auch angefangen sehr, sehr schnell mein Leben zu regeln, richtig radikal. Für meine Freunde zu radikal. Die sind gar nicht da hinterher gekommen. Und ja, hatte viele Fragen noch an das Leben und was ich aus heutiger Sicht so für mich sehe, ist, dass sich viel geändert hat. Ich habe das Glück ich lebe 13 Jahre damit. Hatte jetzt zwei Rückfälle gehabt, wo ich nochmal an der Lunge operiert worden bin, Rückschläge. Und ich habe mich so ähnlich gefühlt, aber ich habe es so besser wieder in Griff gekriegt. Ich war ruhiger dabei. Aber erschüttert hat mich auch, weil nach acht Jahren wieder ein Rezidiv zu kriegen das war so. Damit hat keiner gerechnet, auch nicht meine behandelnden Ärzte.
Moderator: Schauen wir gleich nochmal darauf.
Maria Menzlaw: Ja, gerne.
Moderator: Ich würde gern die Frage weiterreichen an Professor Schmidt. Wie erleben sie denn als Arzt diese Situation, diese besondere Situation an Patienten oder einer Patientin diese Diagnose überbringen zu müssen?
Prof. Bernd Schmidt: Das ist ja was ganz Intimes, muss man sagen. Man kommt ja einem anderen Menschen extrem nah. Man kommt an so was Existenzielles, es geht ums Leben. Das ist auch sofort klar. Und ich glaube die größte Herausforderung für uns oder für mich als in der Rolle auch als Arzt ist ein Gespür dafür zu entwickeln was braucht der Patient jetzt, weil wir ja ganz unterschiedliche Aufgaben haben. Wir müssen einerseits natürlich nüchtern, sachlich Informationen vermitteln. Wir müssen auch sicherstellen, dass der Patient Dinge versteht. Wir müssen auf der anderen Seite natürlich auch versuchen zu erspüren welche Informationen braucht der Patient, wie viel Informationen braucht der Patient. Und ich werde nie vergessen Frau Baysal, Sie haben das mal in einer ganz anderen Situation gesagt. Als das Wort Krebs gefallen ist, danach habe ich von dem Gespräch nichts mehr mitbekommen.
Moderator: Konnte gar nicht mehr zuhören.
Prof. Bernd Schmidt: Und ich merke ganz oft, auch wenn ich mit den jüngeren Kollegen solche Gespräche gemeinsam führe, dass wir als Ärzte oft viel zu viel versuchen zu vermitteln. Gerade in einem Erstgespräch und eigentlich in dem Moment ganz viel davon gar nicht ankommt.
Moderator: Liegt es teilweise vielleicht auch daran, dass Sie auch als Arzt, nicht Sie, aber die Ärzte bei so einem schwierigen Gespräch manchmal auch die Stille gar nicht aushalten?
Prof. Bernd Schmidt: Das ist sicherlich ein Problem, was man trainieren kann. Das kann man wirklich üben. Man kann üben zuzuhören. Man kann auch üben zuzulassen, dass man in dem Moment auch keine Worte hat, dass der Patient auch keine Worte hat. Aber das ist etwas, was man sehr bewusst trainieren muss, um da angemessen auch mit umzugehen, weil es eben ja auch nicht bloßstellend oder nicht verletzend sein soll und darf. Aber ich glaube es ist ein wichtiges Moment, wenn man das mal gelernt hat. Wenn man mal gelernt hat, dass man eben auch nicht ständig reden muss, sondern dass ganz viel auch an Vertrauen und an Dingen zwischen Menschen passiert, wenn man auch den Mund hält, dann ist das eine ganz wertvolle Erfahrung, die einem gerade in solchen Grenzsituationen helfen kann.
Moderator: Aus Ihrer Erfahrung heraus, zu welchen Reaktionen kann es kommen bei Patienten und Patientinnen, denen Sie eine so folgenschwere Diagnose, sie haben Krebs, übermitteln?
Prof. Bernd Schmidt: Das ist ja schwer berechenbar. Wir haben ja Menschen, die stehen mitten im Leben. Sie haben das sehr plastisch geschildert. Sie sind sozusagen aus einem aktiven Leben heraus quasi (Moderator: Gerissen.) gerissen und gefällt. Es gibt Menschen, die sind hochbetagt und sind sozusagen am Ende ihres Lebens. Das sind sicherlich sehr unterschiedliche Situationen, mit denen man unterschiedlich auch umgeht, mit denen der Patient unterschiedlich umgeht. Mit denen aber auch wir als Ärzte unterschiedlich umgehen. Und in der Regel ist man überrascht wie gefasst Patienten, zumindest vordergründig gefasst Patienten in dieser Situation sind. Und vieles von dem, was dann als vielleicht auch schweres Paket über die Zeit relevant wird, kommt dann erst. Also dieses wirklich begreifen, was passiert da mit mir, wo stehe ich da, was heißt das eigentlich für mich, ist etwas was sicherlich nicht in einem Erstgespräch wirklich für den Patienten greifbar wird. Und das muss uns als diejenigen, die auch Verantwortung dafür haben Patienten bestmöglich mitzunehmen auf diesem Weg immer wieder klar sein, dass wir diesen-. Das gelingt nicht in einem ersten Gespräch. Wir müssen uns und das versuchen wir inzwischen sehr konsequent, eben nach einem am Anfang sicherlich eher kürzeren Gespräch dann mit den Fragen, die entstehen neu und verbindlich verabredet zusammensetzen und dann überlegen wie geht es jetzt weiter.
Moderator: Darf ich ein bisschen in Ihr Herz schauen? Was macht es mit Ihnen als Mensch, wenn Sie eine solche Diagnose übermitteln?
Prof. Bernd Schmidt: Das berührt einen schon trotz professioneller Distanz, die man braucht, sonst ist man auch nicht gut. Das berührt einen glaube ich immer dann besonders, wenn Krankheitssituation einem selbst nahe kommen. Jüngere Leute, Menschen, die man sympathisch findet, bei denen leidet man sicherlich eher mit. Ich glaube den Weg zu finden zwischen Nähe zum Patienten und einer abgehobenen Distanz ist eine hohe Kunst. Und das ist was, was man jeden Tag neu auch im Umgang mit Patienten ja lernen muss. Und das ist auch etwas, was man natürlich lernen muss mit solchen Diagnosen, mit solchen schweren, oftmals ja doch unglücklich verlaufenden Erkrankungen auch für sich lernen muss, wie gehe ich damit um. Und was mir enorm hilft ist, dass wir erleben dürfen, dass es Patienten eben auch sehr gut gehen kann. Das heißt nicht, dass alle Patienten ewig leben. Sondern das heißt einfach, dass wir Patienten auch in schweren Krankheitssituationen auffangen können und das unabhängig jetzt von den Therapiemodalitäten oder vielleicht auch gar nicht tumorspezifischen Therapien wir für Patienten was Gutes tun können. Und wenn man da eine ich sage mal vernünftige und reale Erwartung auch für sich selber hat, dann kann man diese Erfolge erleben. Und das ist was, was sehr befriedigend sein kann.
Moderator: Bevor wir gleich auf die Unterstützungsangebote und die Möglichkeiten zu sprechen kommen, die Halt geben. Die einem auch vielleicht dazu verhelfen wieder zurück nach diesem Diagnoseschock in ein selbstbestimmtes Leben zu kommen, würde ich ganz gern noch mit Ihnen dreien noch über die Stigmatisierung sprechen, die bei Lungenkrebspatienten ja leider Gottes immer noch stattfinden. Barbara Baysal, wie erleben Sie das in der Selbsthilfe und auch selbst?
Barbara Baysal: Wir haben, wo wir immer oft darüber sprechen immer wieder das Problem, dass in Arztberichten, also in Entlassungsberichten eben Raucher mit drin steht. Trotzdem die Patienten schon seit über zehn Jahren nicht mehr rauchen oder 15 Jahren. Dass, wenn man irgendeinen Arzt aufsucht, manchmal Zahnarzt oder sonst irgendwo mit Behandlung und er fragt nach der Krankengeschichte. In dem Moment wo man sagt Lungenkrebs, kommt automatisch die Frage haben sie geraucht. Denke, man selbst macht es ja auch. Also man hat es irgendwo im Kopf. Aber wir kriegen unseren Stempel immer gleich wieder aufgedrückt. Und da ist viel in den Köpfen der Menschen, ist einfach drin über Lungenkrebs-. Ich sage immer wir sind nicht gesellschaftsfähig mit der Erkrankung, weil automatisch man immer sagt, du bist ja irgendwo selber schuld an dieser Erkrankung. Dass es viele andere Tumorerkrankungen, die auch Ursache des Rauchens sind, da wird nicht darüber gesprochen. Und über den Lungenkrebs wird in dich gesprochen, weil einfach da immer noch so eine Hemmschwelle ist. Lieber nichts sagen, damit geht man nicht an die Öffentlichkeit.
Moderator: Sie haben ja auch mal den Satz geprägt, dass es nicht therapierelevant ist, ob jemand geraucht hat oder nicht.
Barbara Baysal: Genau, wenn es therapierelevant ist, soll man fragen. Dann gehört es dazu, ist richtig. Aber in dem Moment, wo es nicht therapierelevant ist, ist es völlig unwichtig, weil wir-. Ich sage mal wir können die Vergangenheit nicht ändern. Wir können nur die Zukunft verändern.
Moderator: Herr Schmidt, was hören Sie da von Patienten bezogen auf das Thema Stigmatisierung?
Prof. Bernd Schmidt: Ich glaube, Lungenkrebs hat kein gutes Image. Es ist viel cooler einen Herzinfarkt gehabt zu haben als ein Lungenkarzinom. Und das ist ein Problem, was auch uns als Fachleuten zu schaffen macht. Wir haben keine so gute Lobby wie wir sie bräuchten. Aber ich denke, das ist etwas, was sich auch verändert. Das ändert sich auch damit, dass wir auch andere Perspektiven mit dieser Erkrankung gewinnen. Das heißt, wir können glaube ich seit einigen Jahren auch mit komplexeren Behandlungen, mit besserer Organisation unserer Behandlung einfach auch mehr erreichen und teilhaben auch an innovativer Medizin. Und das ist etwas, was uns zumindest in der Behandler-Community ein deutlich höheres Selbstbewusstsein auch gibt, auch offensiv zu sagen bei uns passiert sehr viel im Bereich des Lungenkrebses. Und das kommt am Ende unseren Patienten zugute und wahrscheinlich langfristig auch dem Bild was wir auch als Ärzte sehr häufig von Lungenkrebs und Lungenkrebspatienten haben.
Moderator: Jetzt würde ich ganz gerne nochmal ansprechen und auch ein bisschen Zeit in unserer Runde dafür verwenden was den Patienten helfen kann in ein selbstbestimmtes Leben zurückzukehren oder zurückzufinden nach der Zeit der Diagnose. Und würde ganz gerne Maria, erst mal mit Ihnen dann beginnen, die Rolle des Umfeldes zu besprechen. Also die Unterstützung, die man halten kann. Welche Rolle spielt dabei der Partner, die Partnerin? Wie schaut es mit Familie, Freunden und Kollegen aus? Erzählen sie ein bisschen, wie haben Sie das erlebt?
Maria Menzlaw: Also für mich war die Freunde ganz wichtig, sehr wichtig. Also die haben mich auch gestützt, getragen. Die mussten auch viel aushalten, weil ich auch in dem Moment für mich sehr viel ausprobiert habe. Ich bin selbst an meine eigenen Grenzen gegangen vor der OP und nach der OP eigentlich auch. Und ich habe auch das Gespräch zum Beispiel zu Psychologen gesucht. Mir war vollkommen klar, dass ich Freunde und nähere Verwandten völlig damit überfordere mit meiner tief inneren teilweise Verzweiflung und Fragen, die ich noch an das Leben habe. Das waren für andere-.
Moderator: Zu dem Zeitpunkt vielleicht gar keine Fragen?
Maria Menzlaw: Überhaupt keine Frage gewesen. Und ich war eher so ein Kämpfertyp und die haben gesagt: “Was redest du über den Tod, du kämpfst natürlich.“ Und ich habe gesagt: “Ich kämpfe überhaupt nicht. Ich kann nicht gegen meinen eigenen Körper kämpfen. Wichtig ist, dass ich den wieder fühle, dass ich ein Gefühl dafür kriege.“ Ich weiß was dir guttut, ich weiß was dir guttut. Aber was mir letztendlich guttut, was mir Befriedigung schafft und so, das musste ich erst wieder lernen. Das hat mich selbst etwas erschrocken und mir hat das Gespräch-, ich habe eine Therapie angefangen. Und das hat mir sehr viel geholfen. Die Ärztin damals, die hat mich aus tiefen Löchern und Hilfestellungen auch wo ich die Freunde und Partner auch nicht mehr überfordert habe. Aber so war mir das jetzt oder ist mir auch heute noch sehr wichtig, weil ich immer auch noch Hilfestellung brauche in verschiedenen Situationen, die ich einfach nicht mehr alleine machen kann.
Moderator: Fragen wir Barbara Baysal, wie haben Sie das erlebt? Sie haben zwei Töchter, einen Mann. Wie sind Sie damals in der Familie aufgefangen worden mit der Diagnose?
Barbara Baysal: Ich habe ganz viel über den Krebs gesprochen, weil der war für mich einfach-. In dem Moment, umso öfter ich es ausgesprochen habe, umso einfacher war es für mich ihn zu akzeptieren. Akzeptieren vielleicht das falsche Wort, aber ihn für mich anzunehmen, dass er da ist.
Moderator: Könnte man sagen Sprache schafft da ein Stück Realität?
Barbara Baysal: Ja, ich habe es jedem erzählt, ob er wissen wollte oder nicht. Für mich war es wichtig, mir ging es damit gut. Umso öfter ich darüber gesprochen habe, umso normaler wurde die Erkrankung für mich. Habe natürlich auch erlebt, dass teilweise Leute sich zurückgezogen haben, weil sie nicht wussten wie sie mit mir umgehen sollten. In der Familie war es natürlich teilweise ein Thema, bei den Kindern eher weniger. Die sind auch sehr unterschiedlich damit umgegangen. Eine hat ganz viel gefragt, die andere wollte sich damit gar nicht beschäftigen. Und mit meinem Mann habe ich natürlich viel gesprochen und er hat mich die ganze Zeit auch extrem begleitet. Konnte das auch dienstmäßig gut einrichten, sodass er immer da war. Aber ich konnte mir, habe mir selber irgendwo-. Ich habe meinem Körper nicht mehr vertraut, weil ich immer mal dachte, er hätte mir doch mal ein Zeichen geben müssen.
Moderator: Also nicht. Wie gestalten Sie die Beziehung von Arzt zu Patient in Bezug auf Kommunikation und Information?
Prof. Bernd Schmidt: Das ist ja eine abstrakte Frage. Ich glaube, im Konkreten geht es ganz viel um Vertrauen. Es geht darum zuzuhören. Auch einfach wahrzunehmen, was braucht ein Patient in dem Moment. Und ich glaube wir sind da gut wo wir auch professionell auch in Strukturen Patienten Angebote machen können. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Moment auch in so einer Diagnosephase oder wenn die Diagnosephase abgeschlossen ist. Wo man weiß worüber man redet, dass man dann irgendwo auch eine neue Perspektive schafft. Und neben dem familiären Umfeld gibt es ja ganz viel, was wir Patienten auch anbieten können. Und wir haben ja gelernt, dass über die letzten Jahre Strukturen einfach Patienten auch besser versorgen helfen. Also in Zentrumsstrukturen, die glücklicherweise ja bei uns in Deutschland doch der Alltag sind, können wir eben Ressourcen, Strukturen für die Patienten zur Verfügung stellen, die wertvoll sein können. Das kann der Psychoonkologe sein, das kann der Sozialdienst sein. Das kann vielleicht auch mal die Organisation einer häuslichen Krankenpflege sein und das kann Palliativteam sein. Und ich glaube, wir sind da besser und so geben uns Patienten auch Feedback wo wir sehr frühzeitig manchmal Patienten auch zu einem Moment, wo sie vielleicht Dinge wie Psychoonkologie oder Palliativmedizin gar nicht hören wollen oder gar nichts direkt damit anfangen können, (Moderator: Anfangen können.) damit vertraut machen, was es für Optionen gibt. Was es für Möglichkeiten gibt und was es auch für Möglichkeiten gibt in diesem Rahmen selbstbestimmt agieren zu können und sich die Dinge, die Angebote, die man persönlich nutzen kann dann eben auch umzusetzen.
Moderator: Auch ein Angebot zu machen für den nächsten Schritt? (Prof. Bernd Schmidt: Genau.) Darum geht es doch, glaube ich.
Prof. Bernd Schmidt: Letztlich irgendwo auch ein Netz und einen doppelten Boden sichtbar zu machen, der da ist, um klar zu sagen, Palliativmedizin ist nicht Sterbebegleitung, sondern Palliativmedizin ist zum Beispiel so wie wir das heute ja verstehen, zumindest im Krankenhaus und in solchen Zentren, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Therapie vom ersten Tag an. Wo wir versuchen die Patienten eben mit den Bedürfnissen, die die gerade haben, aufzufangen. Das kann-.
Moderator: Und da steht Lebensqualität, glaube ich über allem.
Prof. Bernd Schmidt: Da steht Lebensqualität, ist ein Riesenthema. Ich glaube wir haben inzwischen gelernt, dass es Unsinn ist, alle onkologischen Möglichkeiten immer und in jedem Falle auszureizen. Und dass wir besser tun Patienten eben auch zu begleiten, auf sie zu hören und zu schauen, wo sind wirklich deren Bedürfnisse und nicht wo sind vielleicht unsere Profilierungsbedürfnisse.
Moderator: Jetzt haben Sie gerade schon angesprochen, da bleibe ich doch bei Ihnen kurz für einen Moment. Psychoonkologen vor vielen, vielen Jahren echtes Neuland gewesen. Heute glaube ich ein Angebot, dass fast schon Standard ist und Gott sei Dank Standard geworden ist. Die leisten ja ganz großartige Arbeit. Welche Haltung, welche Einstellung haben Sie zu diesem Angebot?
Prof. Bernd Schmidt: Wir haben ja gelernt, dass das enorm hilfreich ist für alle Beteiligten. Das ist für uns als Team hilfreich, weil wir einfach eine Ressource zur Verfügung stellen können, die Zeit am Patientenbett verbringen kann, die zuhören kann, die auch professionelle Hilfestellung geben kann, die auch uns gelegentlich (Moderator: Entlastet.), uns als Ärzte entlastet, aber auch beraten kann. Und da wo es gut funktioniert, versucht man das als Team zu organisieren und miteinander zu überlegen, was ist denn jetzt gerade der Punkt für diesen Patienten. Und das gelingt nicht immer. Oft ist man auch in dem Alltag des Gesundheitssystems nicht immer optimal aufgestellt. Aber da wo wir diese Ressourcen mobilisieren können, merken wir wie gut es funktionieren kann. Und prinzipiell sind diese Ressourcen ja da und ich glaube es ist die Herausforderung für uns diese Ressourcen eben für unsere Patienten so nutzbar zu machen, dass es am besten funktioniert bei immer begrenzten Möglichkeiten.
Barbara Baysal: Und da sind ja nicht nur die Psychoonkologen, sondern die onkologischen Fachschwestern, die in sehr hilfreich sind. Die mittlerweile in den Kliniken-.
Moderator: Onko-Paten, heißen die …
Barbara Baysal: Genau oder Onkolotsen, die dann eben den Teil noch übernehmen, wo Ärzte wenig Zeit haben. Also ich sage mal, wenn man so sagt Händchen halten im Zimmer, nochmal Fragen beantwortet, also mehr präsent sind und-.
Moderator: Vor einiger Zeit in Baden-Württemberg gelernt, da heißen die Brückenschwestern (Barbara Baysal: Genau.) und Brückenbrüder.
Barbara Baysal: Ja, die haben so verschiedene Bezeichnungen, aber das ist der Teil sage ich mal. Der Arzt informiert und behandelt. Und das sind dann die Menschen, die den Patienten auf den Weg durch die Erkrankung ein Stück begleiten. Und ihn dann auch beruhigen können, wenn der Arzt vielleicht nicht im Haus ist oder bei anderen Patienten ist, sodass da immer jemand ist, der den Patienten in dem Moment auffängt, wo es gebraucht wird.
Moderator: Jetzt wissen wir Barbara Baysal ist das Gesicht der Selbsthilfe und engagiert sich seit vielen, vielen Jahren unentwegt und mit großem Herz für Selbsthilfe. Welche Rolle, Barbara Baysal kommt denn der Selbsthilfe hier zu?
Barbara Baysal: Ich sage mal Selbsthilfe kann, also informiert, kann informieren, kann stärken, kann zur Seite stehen, für Patienten einmal eine Information zu kriegen. Vielleicht auch mal andere Patienten zu sehen. Zu sehen man ist nicht alleine mit der Erkrankung. Man ist nicht alleine mit seinen Ängsten. Man kann sich einfach mal austauschen. Man kann die Maske mal fallen lassen, wenn man möchte, man muss nicht. Man kann reden, wenn man will, man muss nicht reden. Man kann aufstehen und herausgehen, wenn es einem nicht-. Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt.
Moderator: Wie stelle ich mir so ein Treffen vor?
Barbara Baysal: Viele denken immer es ist ein Kaffeekränzchen. Klar gibt es auch einen Kaffee. Vielleicht gibt es auch ein Kekschen, aber wir sitzen in einer Runde mehr oder weniger und unterhalten uns nicht nur über Erkrankungen. Also wenn jemand Neues dazu kommt, dann stellen sich sagen wir die Alten immer noch mal in Kurzform vor und dann gibt es schon so die ersten Fragen. Du hast auch eine Chemo? Wie war das? Wie lange ist es her? Wie war die Bestrahlung? Wie waren die Nebenwirkungen? Fallen mir die Haare aus? Wo gibt es eine gute Perücke? Und dann kommt es aber zu dem Punkt, wo es dann um Gespräche geht, die mit der eigentlichen Erkrankung nicht mehr so viel zu tun haben, sondern ich sage mal da geht es dann um das normale Leben. Und man mag sich das kaum vorstellen, in der Selbsthilfe wird unheimlich viel gelacht.
Moderator: Also wenn man Sie beide ein bisschen näher kennt und ich tue das, dann weiß man, dass es so ist. Maria Menzlaw, wie erleben Sie Selbsthilfe?
Maria Menzlaw: Als ein sehr positiver Aspekt in meinem Leben. Also ich lebe das auch. Ich habe eine Selbsthilfegruppe in Hannover gegründet damals, weil ich Menschen gesucht habe, denen das Gleiche passiert, die also ähnliche Behandlung oder die gleiche Behandlung. Mit denen wollte ich in Austausch kommen. Ich bin in andere Gruppen gegangen in Hannover und da habe ich aber nicht das gefunden, was ich gebraucht habe. Und deswegen habe ich eine Selbsthilfe aufgebaut und die ist dieses Jahr zehn Jahre alt geworden. Und ich denke, dass wir oder ich weiß, dass wir gute Sachen machen. Gute Anregungen den Menschen geben und das auch ein Stück leben, motivieren und ja.
Moderator: Wie ist es denn mit dem Informationsmaterial, was Sie bereithalten? Ich glaube Sie haben neuerdings auch einen Patientenordner, den Sie anbieten.
Barbara Baysal: Ja, für uns war es wichtig. Ich habe früher immer gesagt, also hilfreich wäre, wenn der Patient auf dem Nachttisch einen Zettel hat, wie geht es weiter. Was passiert jetzt eigentlich? Wir wissen alle es gibt Chemotherapie, gibt Bestrahlung und dieses. Aber was steckt dahinter? Und um da Patienten ich sage mal so ein Stück roten Faden zu geben, haben wir als Bundesverband in Zusammenarbeit mit acht Firmen. Die waren unsere Geldgeber. Der Inhalt ist eben vom Bundesverband von Patienten und Angehörigen erstellt worden so als Erstinformation. Was steckt dahinter? Was bedeutet die Diagnose? Wie wird wer eventuell-. Also welche Behandlungsoptionen gibt es? Was macht Selbsthilfe? Wie ist das mit Schwerbehinderung? Wie ist es mit Sport? Was macht Ernährung? Wo sind hilfreiche Adressen? So als ersten Anhaltspunkt wo man sich ein bisschen informieren kann und wo man dann auch sagen kann, ach da sind Fragen. Die Frage wollte ich meinem Arzt auch immer stellen. Die kann man sich dann da notieren. Man kann seine Untersuchungsberichte mit einfügen, sodass man eine Erstinformation hat, was kommt auf mich darauf zu. Und dann kann man ich sage mal so ein Stück weiter wickeln und sagen, okay da möchte ich mehr Informationen darüber.
Moderator: Also Hilfestellung, Unterstützung auch in der Form von Orientierung?
Barbara Baysal: Ja.
Moderator: Gut.
Barbara Baysal: Und den kann man-. Der ist kostenlos, also den kann man kostenlos anfordern und-.
Moderator: Sehr schönes Angebot. Jetzt möchte ich den Experten noch fragen. Sollte ein Patient auch, um sich ein Bild über seine Erkrankung zu machen, das Internet nutzen oder raten Sie da eher ab?
Prof. Bernd Schmidt: Ich würde keinem Patienten empfehlen und jetzt lesen sie sich mal im Internet durch, was ihre Krankheit ist. Weil ich glaube, dass das für die meisten Patienten schwierig ist. Wir haben unendlich viele Informationen über so eine Erkrankung wie Lungenkrebs verfügbar im Netz und ein Großteil davon ist auch dummes Zeug. Und ich glaube, es ist sehr schwierig in der Situation, in der man vital lebensbedrohlich krank ist, das eine vom anderen zu trennen.
Moderator: Also das Seriöse vom Unseriösen?
Prof. Bernd Schmidt: Das Seriöse vom Unseriösen. Das, was neutrale Information ist, vielleicht auch qualitätsgesichert und überprüft von denen, wo es darum geht Geschäfte zu machen mit der Not und der Sorge und der Angst von Patienten. Und das ist etwas, was sehr schwer ist. Deswegen versuche ich, wenn ich mit Patienten Kontakt habe und von Patienten die Frage bekomme, wo kann ich mich denn informieren. Es gibt ja sehr seriöse Institutionen. Das ist einerseits von der Patientenseite, wo man eben aus der Sicht von Patienten die relevanten Dinge zusammengetragen bekommt. Es gibt sehr gute Informationen der Krebsgesellschaft, die tatsächlich auf einem sehr hohen Niveau und sehr umfangreich Informationen zu Krebserkrankungen aller Art-.
Moderator: Die ja auch in allen Bundesländern mit eigenen Landeskrebsgesellschaften vertreten sind.
Prof. Bernd Schmidt: Ja auch vertreten sind und auch ansprechbar sind. Auch als Struktur ansprechbar sind, wenn man Hilfe braucht.
Moderator: Also wo ein regionaler Bezug da ist, ja.
Prof. Bernd Schmidt: Ja und das ist etwas, was sehr hilfreich sein kann, weil es hilft in Ruhe nochmal zu rekapitulieren, was hat denn der Arzt mir da erzählt. Was ein wichtiger Aspekt ist und das klang vorhin bei Ihnen schon mal an. Und das ist was, wo drauf ich versuche auch zu bestehen, dass Patienten wann immer möglich auch jemanden noch mit dazu holen, wenn es um Kommunikation geht. Weil die vier Ohren auf der anderen Seite des Tisches doch mehr hören und Zwischentöne anders auch hörbar machen, als wenn dann nur ein Patient alleine sitzt. Allein auch mit seiner Angst, mit seinen Sorgen. Auch mit den Missverständnissen, die entstehen mit den vielleicht falsch verstandenen Dingen. Und der sich auch nicht traut vielleicht in der Situation diese Frage zu stellen.
Moderator: Und der Situation, dass er jetzt im Moment vielleicht das gar nicht so hören kann, wie es gemeint ist. (Prof. Bernd Schmidt: Genau.) Okay, das haben wir begriffen.
Prof. Bernd Schmidt: Also das ist etwas, was glaube ich eine große Einladung ist an alle. Und ich glaube, dass das für alle Seiten dieses Prozesses und dieses Weges, den man ja am Ende auch gemeinsam gehen muss, ein ganz großer Vorteil ist.
Moderator: Ein Blick auf die Zeit sagt mir, wir müssen zum Ende kommen. Welchen Erfahrungswert, Barbara Baysal können Sie neu Betroffenen mit auf den Weg geben?
Barbara Baysal: Zu fragen, solange zu fragen bis man die Informationen bekommen hat, die man braucht. Also nicht die Scheu haben und sagen, oh jetzt hat der Arzt keine Zeiten, weil Information ist einfach wichtig. Muss wissen, was kommt auf mich darauf zu. Wie geht mein Weg weiter? Und dann dementsprechend einfach zu gucken, was kann ich für mich tun. Und nicht darauf zu vertrauen-. Mit der Angst wird viel Geld verdient. Das heißt also viele bieten irgendwelche Sachen an für viel Geld, was angeblich Krebs heilt. So was gibt es nicht. Und grundsätzlich alles mit dem Arzt besprechen. Weil dem Arzt, der einen behandelt, sollte man Vertrauen.
Moderator: Also mit der größtmöglichen Offenheit hineingehen in das Gespräch. (Barbara Baysal: Genau.) Gut, Maria Menzlaw, was würden Sie als Erfahrungswert mitgeben?
Maria Menzlaw: Wissen, das ist eigentlich das Wichtigste, was man braucht als Mensch. Und Vertrauen finde ich auch, aber Vertrauen muss wachsen und manchmal hat man das Gefühl man hat die Zeit nicht dazu. Und vielleicht auch durch Missverständnisse ist das manchmal etwas gestört, gerade zu Arzt, Pflegepersonal. Und da nicht irgendwie gleich die Flinte ins Korn, sondern einfach wieder auszuprobieren oder oft mal innezuhalten. Zu sagen, ja tut mir leid. Bin ich vielleicht ein bisschen übergelaufen oder so, dass man einfach zusammen wieder auf dem Boden kommt.
Moderator: Was in so einer Situation absolut nachvollziehbar und verständlich ist.
Maria Menzlaw: Ja absolut, dass man sich Dinge auch erlaubt und viel ausprobieren.
Moderator: Und es auch den anderen erlaubt.
Maria Menzlaw: Ja, den anderen auch, aber das ist dann schwer (lacht).
Moderator: Das ist schwer (lacht). Welchen Erfahrungswert geben Sie zum Schluss noch mit?
Prof. Bernd Schmidt: Ich glaube, dass was die beiden sagen, das Fragen und auch sozusagen diese Scheu überwinden. Es geht um den Patienten. Es geht, wenn ich der Patient bin, geht es um mich und die Befindlichkeiten aller anderen sind erst mal nachrangig. Und auch, wenn es natürlich immer enge Zeitressourcen gibt und alle haben es immer eilig und es gibt immer wichtigere Sachen. Ich glaube, man kann das Selbstbewusstsein haben, dass sich die Anderen dann auch mal nach einem richten so ein Stück weit. Dass man auch einen Anspruch geltend machen kann auf eine verbindliche Verabredung. Ich möchte mich gerne mit Ihnen verabreden. Gut, wenn das jetzt nicht geht, wann können wir uns verbindlich zusammensetzen mit Zeit? Das ist was, was man Patienten auch als Stärkung des Selbstbewusstseins sehr mitgeben sollte und das versuchen wir am Anfang den Patienten immer zu sagen. Ganz vieles, wie gesagt, kommt am Anfang vielleicht gar nicht so an. Und wenn man das lebt, wenn man das versucht zu leben, eben klar zu sagen, ich kann dir selbstverständlich Ressourcen zur Verfügung stellen. Jetzt geht es gerade nicht. Aber um 15:30 Uhr kann ich mich für eine halbe Stunde ans Bett setzen. Da kommt vielleicht noch ein Partner mit dazu. Dann besprechen wir die Fragen, die jetzt wichtig sind und dann ist auch die Zeit da. Und ich glaube diese Verbindlichkeit und die Zuverlässigkeit, das ist etwas, was Patienten in der Krebssituation doppelt und dreifach schätzen und worauf sie sehr angewiesen sind.
Moderator: Was sie benötigen da auch, ja. Barbara Baysal, Sie sind für mich eine großartige Mutmacherin. Deswegen möchte ich mit Ihnen auch gerne das Gespräch oder die Runde beschließen. Sie haben mal vor einiger Zeit gesagt: “Ich habe dem Krebs ein Schnippchen geschlagen und fühle mich als CancerSurvivor.“ Wie ist das gemeint?
Barbara Baysal: Ich sage mal, CancerSurvivor sind alle diejenigen, die eine Diagnose bekommen haben, weil wir leben oder überleben die Erkrankung. Und meine Erkrankung ist jetzt die erste 2001, die zweite 2003 und ich bin immer noch da und Unkraut vergeht-. Ich sage mal, ich bin wie ein kleiner Pilz. Immer, wenn ich rauskomme, kommt irgendwas, schneidet wieder was ab, aber ich komme immer wieder. Und so gehe ich auch mit meinem Krebs um.
Moderator: Dann nehmen wir doch das Stichwort wieder und nehmen das für unsere Verabschiedung. Ich sage ganz herzlich an die Runde, wünsche uns ein gesundes und schönes Wiedersehen. Ich darf mich verabschieden bei Ihnen. Danke für das Interesse und Tschüss bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut.
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