Mitreden im Sprechzimmer – so geht’s!
Dies ist ein Veranstaltungsinhalt von SURVIVORS HOME am 7. Oktober 2022.
Jan Stöhlmacher liest aus seinem kürzlich erschienenen Sachbuch „Damit Vertrauen im Sprechzimmer gelingt“, das sich an Patientinnen und Patienten mit schwerwiegender Erkrankung und ausdrücklich auch an ihre Angehörigen richtet. Der gegenseitige Austausch, das gemeinsame Gespräch ist an diesem Abend ausdrücklich erwünscht. Es gibt ausreichend Raum für Fragen.
Für seinen praktischen wie persönlichen Wegweiser hat der Autor zahlreiche Interviews mit Betroffenen geführt und lässt eigene Erfahrungen aus seiner Praxis und an der Seite seiner krebskranken Brüder einfließen. Es ist kein Ratgeber für die Optimierung des Arztbesuches in zehn Schritten, sondern ein mit wissenschaftlichen Erkenntnissen unterfüttertes Lesebuch.
Eine gute, vertrauensvolle Beziehung zum Arzt bzw. zur Ärztin aufzubauen, geschieht nicht von allein. Das haben Sie vermutlich selbst erlebt. Aus mehr oder weniger heiterem Himmel erfährt man, dass man ein schwer kranker Mensch ist. Plötzlich dreht sich anscheinend alles nur noch um die eigene Gesundheit. Je mehr man versucht, wieder Ordnung in das Chaos an Gefühlen und Gedanken zu bringen, desto mehr wird einem bewusst, dass es nicht nur die Sorge um den eigenen Körper ist, die einen schlecht schlafen und nicht zur Ruhe kommen lässt. Wie sage ich es der Familie, wird diese Verbindung halten oder stehe ich plötzlich alleine da? Was wird nun aus den eigenen Träumen, den gemeinsamen Plänen? Was ist nun wirklich wichtig? Sie sind in einer Ausnahmesituation. Eine echte Lebenskrise lässt sich nicht einfach durch gute Gespräche oder Gedanken in den Griff bekommen. Es beginnt ein Prozess, der nur gelingt, wenn alle – Patientin oder Patient, Ärztin oder Arzt und Angehörige – emotional und sachlich ihr Bestes geben.
Stöhlmacher hat die Herausforderungen, die man als Angehöriger in dieser neuen Situation verspürt, an der Seite seiner krebskranken Brüder selbst erlebt. Der Blick, den er als Onkologe und behandelnder Arzt auf die Beziehung zu seinen Patienten und deren Angehörige bisher hatte, wurde durch die eigene Betroffenheit ein anderer. Ihm wurde bewusst, dass die Beteiligten häufig aneinander vorbeireden. Die Ärztinnen und Ärzte bemühen sich zu selten, die Erkrankungssituation mit den Augen der Betroffenen zu sehen. Sie denken vielleicht: Das weiß ich alles, aber was nutzt es mir? Schließlich kann ich den Arzt oder die Ärztin ja nicht ändern. Das können Sie nicht, aber Stöhlmacher ist überzeugt davon, dass Sie als Patientin, Patient oder Angehöriger selbst viel dazu beitragen können, um entspannter und zufriedener aus dem Sprechzimmer zu gehen.
Transcript
Ja, schu00f6nen guten Tag.Ich freue mich, dass Sie heute alle hier zur Lesung gekommen sind aufm Survivors Home in Berlin, begru00fcu00dfe ich Sie recht herzlich.Es geht heute das Thema Kommunikation im Sprechzimmer.Mein Name ist Jan Stillmacher und ich mu00f6chte Ihnen einige Aspekte dazu vorstellen und dazu einiges aus einem Buch, was ich ku00fcrzlich geschrieben hab, vorlesen.Bin selbst Internist und Hu00e4matoonkologe.
Das Buch hab ich geschrieben, weil ich letztlich selbst 2 Bru00fcder an Krebs verloren hab und deshalb nicht nur als Arzt, sondern eben auch als Angehu00f6riger im Sprechzimmer war und dort meine eigenen Erfahrungen gemacht hab.Und es war mir wichtig, Dinge, die mir nicht so gut gefallen haben, weiterzugeben in dem Sinne, dass man vielleicht einiges verbessern kann und vielleicht Sie, Angehu00f6rige, Patienten zu ermutigen, anders aufzutreten oder insgesamt zufriedener ausm Sprechzimmer zu gehen.Das Bu00fcchlein, aus dem ich Ihnen vorlesen mu00f6chte, heiu00dft, damit Vertrauen im Sprechzimmer gelingt.Es ist anders aufgebaut als son normales Sachbuch.Es geht kleine Geschichten, die da drin vorkommen.
Es sind so 3 Personen, die durch dieses Buch fu00fchren.Silke als Angehu00f6rige, Michael als Patient und ich bin der Arzt quasi.Und die einzelnen Kapitel behandeln einzelne Aspekte wie das Internet oder die Sprache oder die Angehu00f6rigen.Und dann steigen wir einfach mal ein und ich les Ihnen dazu einfach mal was vor.Das wird schon wieder.
Einleitung.Frank, ein sportlich junger Mann, war nur noch ein Schatten seiner selbst, so zusammengesunken, wie er auf seinem Stuhl sau00df.Sein vertrauter Humor hatte sich restlos verflu00fcchtigt.Wie oft hatte ich in der Vergangenheit bei ihm Rat gesucht?Immer wieder hatte er mich u00fcberzeugt, dass die Dinge nicht so schlimm seien, wie sie zunu00e4chst schienen, dass sich letztlich alles zum Guten wenden wu00fcrde.
Sein Optimismus war ansteckend.Doch jetzt war sein banger Blick auf mich gerichtet, seinen kleinen Bruder.Was war passiert?Zu dritt sau00dfen wir in dem engen, schmucklosen Sprechzimmer seiner Urologin, dessen kleine Fenster den Strau00dfenlu00e4rm nur unzureichend aussperrten.Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen nichts Gutes, ganz so wie ich es erwartet hatte, sagte sie.
Wir mu00fcssen schnell mit 1 Therapie beginnen, damit die kommenden Monate und Jahre noch vernu00fcnftig fu00fcr Sie voru00fcbergehen werden.Es gibt heute einige gut vertru00e4gliche Medikamente.Ich wu00fcrde Ihnen nun gern die Einzelheiten der Therapie erlu00e4utern.Haben Sie im Moment schon Fragen?Mein Bruder antwortete der forschenden u00c4rzte nicht.
Er hatte in diesem Moment erfahren, dass er an einem bu00f6sartigen Tumor der Prostata litt, der bereits gestru00e4ugt hatte.Eine Heilung war ausgeschlossen.Da Frank nicht in der Lage schien, etwas zu sagen, antwortete ich.Dies sind keine guten Neuigkeiten, entgegnete ich ihr.Wir mu00f6chten da erst einmal in Ruhe miteinander dru00fcber sprechen.
Ich bat einen kurzfristigen Folgetermin, die mit Sicherheit aufkommenden Fragen und Details 1 mu00f6glichen Therapie zu eru00f6rtern.Sie willigte einen.Das wird schon wieder, sagte sie beim Herausgehen zu meinem Bruder, der noch immer kein Wort von sich gegeben hatte.Ich hielt es fu00fcr richtig, das Arztgespru00e4ch zu unterbrechen.Frank schien mit den Neuigkeiten vollkommen u00fcberfordert zu sein.
Erklu00e4rungen und Erlu00e4uterungen zu 1 mu00f6glichen Therapie wu00e4ren bei ihm wohl gar nicht angekommen.Nach der Mitteilung der Diagnose war er schlicht nicht in der Lage, irgendetwas mit der u00c4rztin zu besprechen.Spu00e4ter hat er mir erzu00e4hlt, er sei froh daru00fcber gewesen, dass ich mich in das Gespru00e4ch eingeschaltet habe.Als Angehu00f6riger bin ich selten im Sprechzimmer 1 Arztes gewesen.Meist habe ich selbst als Behandelnder auf der anderen Seite des Schreibtisches gesessen.
Diese Situation an der Seite meines schwerkranken Bruders war fu00fcr mich neu und sie war viel schwieriger, als ich vermutet hatte.Zwar verfu00fcge ich als Facharzt fu00fcr Krebserkrankung u00fcber das Wissen, meinem Bruder seine Diagnose- und Therapiemu00f6glichkeiten zu erklu00e4ren, doch als Angehu00f6riger war ich unsicher.Was will mein Bruder?Was ist ihm jetzt wichtig und welche Erwartungen hat er denn an mich?Wie kann ich ihm konkret helfen?
An der Seite meines kranken Bruders ist mir auf eine sehr persu00f6nliche Art bewusst geworden, dass das Mitteilen 1 Diagnose, die das Leben so einschneidend veru00e4ndert, eine gehu00f6rige Portion Empathie und Einfu00fchlungsvermu00f6gen von u00e4rztlicher Seite erfordert.Jedenfalls mehr, als er und ich gemeinsam erlebt hatten.In 1 solchen Situation kommt jedoch auch den Angehu00f6rigen eine wichtige Rolle zu.Sie ku00f6nnen einen wesentlichen Anteil daran haben, die Begegnung des Patienten mit dem Arzt zufriedenzustellen und gut zu gestalten.Aus mehr oder weniger heiterem Himmel erfu00e4hrt man, dass man ein schwerkranker Mensch ist.
Eine Flut an Gedanken, Gefu00fchlen und Fragen ist die unerreichliche Folge.Plu00f6tzlich dreht sich anscheinend alles nur noch die eigene Gesundheit.Je mehr man versucht, wieder Ordnung in das Chaos an Gefu00fchlen und Gedanken zu bringen, desto mehr wird einem bewusst, dass es nicht nur die Sorgen den eigenen Ku00f6rper ist, die einen schlecht schlafen und nicht zur Ruhe kommen lu00e4sst.Wie sage ich es der Familie?Wird diese Verbindung halten oder stehe ich plu00f6tzlich alleine da?
Wie lange kann ich noch arbeiten?Was wird denn aus den gemeinsamen Tru00e4umen und den eigenen Plu00e4nen?Was ist denn nun wirklich wichtig?In dieser Achterbahnfahrt wird einem bewusst, wie selbstverstu00e4ndlich man sein ganzes Leben auf 1 guten Gesundheit aufgebaut hat.Und nun steht die Welt auf einmal Kopf.
Nichts ist mehr so wie zuvor.Zumindest sieht es zunu00e4chst danach aus.Eine echte Lebenskrise lu00e4sst sich nicht einfach durch gute Gespru00e4che oder Gedanken in den Griff bekommen.Es beginnt ein Prozess, an dem viele Menschen beteiligt sind und der nur gelingt, wenn alle Patientinnen, u00c4rzte und Angehu00f6rige emotional und sachlich ihr Bestes geben.Aus dieser geschilderten persu00f6nlichen Erfahrung heraus entstand mein Bedu00fcrfnis, das Treffen zwischen Patienten, Angehu00f6rigen und u00c4rzten besser zu verstehen.
Welche Prozesse werden in Gang gesetzt und was sind die Erwartungen der Beteiligten?Wann gelingt das Zusammenspiel und wo hakt es und was kann man vielleicht auch verbessern?Dieses Buch ist daher nicht in erster Linie fu00fcr meine Kollegen geschrieben.Es ist fu00fcr Patientinnen und Patienten, die an 1 chronischen und schweren Erkrankung leiden und fu00fcr ihre Angehu00f6rigen.Ich mu00f6chte Sie ermutigen und Ihnen praktische Hinweise an die Hand geben, wie Sie das Gespru00e4ch mit Ihrem Arzt oder Ihrer u00c4rztin aktiv mitgestalten ku00f6nnen, denn Sie ku00f6nnen viel einbringen.
Oft sind es die beru00fchmten Kleinigkeiten, damit es ein partnerschaftliches Gespru00e4ch wird und nur dann wird es ein gutes Gespru00e4ch.Seien Sie mutig und werden Sie aktiv.Einen u00fcberarbeiteten oder gar erheblichen Arzt ohne Empathie werden Sie nicht u00e4ndern, aber nach der Lektu00fcre haben Sie ein klares Bild, ein Gespru00e4ch auf Augenhu00f6he aussehen sollte.Das schlieu00dft auch das Wissen daru00fcber an ein, wann es als letzte Konsequenz angezeigt ist, sich einen anderen Arzt zu suchen.Das ist son bisschen dieses Einleitungskapitel gewesen, son bisschen, zu verstehen die Motivation, warum ich das geschrieben hab, wo es wahrscheinlich noch gar nicht jetzt so viele Fragen dazu gibt.
Ich wu00fcrde im Prinzip einige Aspekte rausgreifen, und zwar hatte ich mir u00fcberlegt, etwas zu den Erwartungen, also die Erwartungen auf beiden Seiten von Patienten, von von u00c4rzten, die mu00f6glicherweise nicht die gleichen sind.Es geht auch die Sprache, was Sie wahrscheinlich alle mitbekommen haben, wie man mit der Sprache umgeht, was man vielleicht tun kann, besser zu verstehen, was gesagt wird.Und ein Topic ist auch das Internet und dann noch 2 ab paar abschlieu00dfende Bemerkungen und dann haben Sie einmal son Eindruck von diesem Gedanken, die ich mir dazu gemacht hab.Dann geht's also mit den Erwartungen weiter.Das habe ich mir aber anders vorgestellt, was Patienten und u00c4rzte voneinander erwarten.
Die Herzoperation sei unumgu00e4nglich und dulde keinen lu00e4ngeren Aufschub.Wenn er, Albert, keinen Pfad riskieren wolle, mu00fcssen die Herzkranzgefu00e4u00dfe u00fcberbru00fcckt werden.Das Lumen dieser nur wenige Millimeter weiten Adern sei in einigen Stellen schon bedrohlich eingeengt.Albert glaubte ja seine, was seine Kardiologin ihm erzu00e4hlt und wollte diese ungeliebte Operation auch wirklich machen lassen, aber im Moment passt es ihm gerade so gar nicht.Es war Mitte November und die Arbeit im Blumengeschu00e4ft, seinem Lebenstraum, steuerte wie immer diese Zeit auf den Hu00f6hepunkt des Jahres zu.
Adventskru00e4nze mussten gebunden, Weihnachtsdekorationen in Geschu00e4ften und Hotels arrangiert und die zahlreichen Bestellungen im Laden abgearbeitet werden.Zwischen Rechnungen, Kundenfragen, Lieferterminen und Personalsorgen den Durchblick zu behalten, forderte jetzt seine ganze Aufmerksamkeit.Diese unsu00e4gliche Operation musste erst einmal warten.Doch am Vorabend des ersten Advents spu00fcrte Albert plu00f6tzlich ein so starkes Brennen hinter seinem Brustbein, wie er es noch nie erlebt hatte.Das Atmen fiel ihm schwer und auch das Notfallspray brachte keine Linderung.
An diesem Abend wurde ihm klar, dass er mit der Operation nicht lu00e4nger warten konnte.Er musste in die Klinik.Wenige Tage spu00e4ter hatte er den Eingriff am offenen Herzen u00fcberstanden.Nun sollte er noch einige Zeit zur Kontrolle auf der u00dcberwachungsstation bleiben, aber beim Ziehen der Fu00e4den gab es Komplikationen.Er berichtet.
Der Arzt war direkt u00fcber mich gebeugt, als er die Fu00e4den zog und auf einmal meinte, was machen Sie denn blou00df?Was machen Sie denn?Und nach seinen Kollegen rief.Plu00f6tzlich standen ganz viele Leute mein Bett herum, redeten und guckten und es wurden immer mehr Geru00e4te ins Zimmer geschoben.Irgendetwas war nicht in Ordnung, ich bekam totale Angst.
Nach endlos langen Minuten waren auf einmal alle wieder verschwunden, aber ich war vu00f6llig aufgewu00fchlt und verunsichert.Dann kam der Arzt noch einmal zu mir und sagte, dass ich am nu00e4chsten Tag auf eine normale Station verlegt wu00fcrde.Ich habe das u00fcberhaupt nicht verstanden.Ich wollte mit ihm reden und ihm sagen, wie ich mich fu00fchle, aber er meinte nur, das sei vorhin nichts Schlimmes gewesen und ich sollte das nicht u00fcberbewerten.Nichts Schlimmes?
Plu00f6tzlich stehen unzu00e4hlige Weiu00dfglu00e4ser mich herum, ich bekomme mehrere Spritzen, die Leute reden durcheinander, laufen hektisch hin und her, nichts Schlimmes.Das zu behaupten, war eine Frechheit.Es mag ja sein, dass die Situation, von der ich bis heute nicht weiu00df, was eigentlich los gewesen ist, schnell wieder unter Kontrolle war, aber ich hatte Panik.Und jetzt sollte ich noch auf eine Station verlegt werden, wo es keine vernu00fcnftige u00dcberwachung gab?Das hat meine Angst natu00fcrlich noch verstu00e4rkt.
Ich habe mich mit dem Arzt gestritten und fing dabei auch an zu heulen, so fertig war ich.Der hatte keinerlei Einfu00fchlungsvermu00f6gen und hat mich durch seine Aktionen immer weiter verunsichert.Er hat sich weder erklu00e4rt noch entschuldigt.Das war vu00f6llig daneben.Noch im Interview, das ich u00fcber ein Jahr spu00e4ter mit Albert fu00fchrte, war er aufgebracht, als wir auf dieses Thema zu sprechen kamen.
Er hatte sich mithilfe seiner Kardiologin am nu00e4chsten Tag in eine andere Klinik verlegen lassen.Mit diesem Arzt wollte er nichts mehr zu tun haben.Dessen Unfu00e4higkeit, ein offenbar vorhandenes medizinisches Problem und sein Handeln zu erklu00e4ren, Albert in seine u00dcberlegungen und Entscheidungen mit einzubeziehen, lieu00df die erfolgreiche Operation fu00fcr ihn vu00f6llig in den Hintergrund treten.Vielleicht fehlte dem Arzt auch der Wille, offen und ehrlich mit ihm zu reden.Im Gedu00e4chtnis geblieben ist Albert eine Person ohne Einfu00fchlungsvermu00f6gen und soziale Kompetenz.
Seine Reaktion, sich in ein anderes Krankenhaus verlegen zu lassen, kann ich verstehen.Albert hatte seine Bedenken und Wu00fcnsche klar geu00e4uu00dfert.Er wollte wissen, ob es Grund zur Sorge gab oder ob alles auf dem und ob alles auf dem richtigen Weg war.Er wollte vermeiden, dass sich bei ihm falsche Vorstellungen und Befu00fcrchtungen verfestigen, die ihn vielleicht bei seiner Krankheitsbewu00e4ltigung stu00f6ren wu00fcrden.Ein solches Nachfragen ist fu00fcr jede Patientin und jeden Patienten wichtig, damit der Arzt die Chance erhu00e4lt, sich zu u00e4uu00dfern, ihre Gedanken zu bestu00e4tigen oder zu entkru00e4ften.
Albert Chirurg hat das nicht erkannt und dadurch die Chance fu00fcr ein besseres Verhu00e4ltnis zu seinen Patienten verstreichen lassen.Der Weg, den Albert beschritten hat, ist aber genau der richtige.Trauen Sie sich, Bedenken und Wu00fcnsche zu u00e4uu00dfern.Eine gute u00c4rztin werden Sie daran erkennen, dass diese Ihre u00dcberlegungen aufgreift.Es muss ja nicht gleich ein perfektes Gespru00e4ch sein.
Wenn die Zeit gerade knapp ist, kann man sich fu00fcr spu00e4ter verabreden.Mu00f6glicherweise hu00e4tte schon eine kleine Geste ausgereicht, die Situation zu beruhigen und fu00fcr Albert ertru00e4glicher zu machen.Ein lautloses Nicken erzeugt Verstu00e4ndnis, signalisiert Zustimmung und vermittelt das Gefu00fchl, dass einem ernsthaft zugehu00f6rt und man als eigenstu00e4ndige Person wahrgenommen wird.Nichts davon war bei diesem Herzchirurgen erkennbar.So konnte Albert sich nicht ernst genommen fu00fchlen und war daru00fcber zurecht veru00e4rgert.
Aber dieses grundsu00e4tzliche Bedu00fcrfnis aller Menschen, nu00e4mlich wahrend ernst genommen zu werden, wurde enttu00e4uscht.Von einem Fundament fu00fcr eine gute Beziehung auf Augenhu00f6he konnte keine Rede sein.Genau dieses Gefu00fchl ist es aber, das Patienten betonen, wenn sie ihre Erwartungen an ein Gespru00e4ch mit 1 u00c4rztin oder einem Arzt benennen.Eine explorative Studie der Universitu00e4t Hannover zu diesem Thema stellte fest, dass ernst genommen zu werden der wichtigste Punkt im Kontakt mit dem Arzt ist.Aber was bedeutet ernst genommen zu werden nun eigentlich?
Wu00fcrden Sie sich durch die gleichen Gesten und Worte wertgeschu00e4tzt fu00fchlen wie ich?Vielleicht denken Sie, wie gut es wu00e4re, wenn Ihre u00c4rztin sich einmal ausreichend Zeit nehmen und sie auu00dferdem ausreden lieu00dfe.Oder dass sie nicht stundenlang warten mu00fcssen, obwohl sie einen Termin haben.Die Frage, ob wir ernst genommen werden, stellt sich unweigerlich, sobald wir in Kontakt mit einem anderen Menschen treten.Fu00fcr die meisten von uns geht das schon morgens los.
Sie bekommen beim Aufwachen von ihrem Partner ein liebevolles Lu00e4cheln geschenkt, wu00e4hrend er verspricht, gleich mit einem heiu00dfen Espresso zuru00fcck zu sein.Wahnsinn und das am fru00fchen Morgen, denken sie, als ihnen das ku00f6stliche Aroma des Kaffees in die Nase steigt und das Koffein beginnt, die Mu00fcdigkeit zu vertreiben.Vergessen sind in diesem Moment die vielen Male, in denen derselbe Partner wortlos aus dem Bett klettert und sich ohne sie 1 Glu00fcckes zu wu00fcrdigen ins Bad verzieht.In den alltu00e4glichen zwischenmenschlichen Begegnungen spu00fcren wir es alle.Zuwendung hebt unsere Stimmung.
Nicht wahrgenommen oder bewusst ignoriert zu werden, macht dagegen schlecht gelaunt oder traurig.Dieses grundsu00e4tzliche Gefu00fchl ist beim Besuch in der Arztpraxis oder im Krankenhaus nicht einfach verschwunden, doch ist das Gespru00e4ch zwischen Patient und Arzt keine alltu00e4gliche Begegnung.Die Partner scheinen von Beginn an ungleich in 1 einseitigen Abhu00e4ngigkeit.Sie gehen zum Arzt, etwas zu erhalten, was Ihnen hoffentlich hilft und dieser hoffentlich geben kann.Er verfu00fcgt u00fcber das Wissen und die Fertigkeiten, aufgrund deren er eine Idee fu00fcr die Ursache und die Beseitigung ihrer Beschwerden entwickelt.
Ja, es ist genauso, als wenn ich mein Auto zum Kfz Mechaniker bringe, weil irgendwas mit der Kupplung nicht stimmt, damit er es wieder repariert, wu00fcrde Michael jetzt beipflichten.Von technischen Dingen habe ich keine Ahnung.Der Autoschlosser kennt sich damit aber sehr gut aus, weil er den ganzen Tag Autos repariert.Also ist er der richtige Mann fu00fcr diesen Job.Ich mach mal hier eine kurze Pause.
Das war jetzt son Einschub von dem Michael, den ich im Kapitel davor vorgestellt hab, was ich jetzt u00fcbersprungen hatte, der letztlich eine, wie ich finde, sehr typische Haltung an den Tag gelegt hat.Er geht zum Arzt, setzt sich hin und sagt, der Doktor soll das mal fu00fcr ihn erledigen.So.Und er hat, das werden Sie dann merken, wenn wir zum Ende nachher auch kommen, im Laufe der Zeit u00fcber die Jahre hat sich das bei ihm von der Sichtweise her etwas gewandelt, dass man vielleicht auch selber nicht einfach nur dasitzen kann.Das ist vielleicht nicht die beste Idee.
Haben Sie mal gesehen, wie dieser Kfz Doktor zu zu seiner Diagnose kommt?Der Experte, er wird inzwischen auch Kfz Mechatroniker genannt, verbindet das Auto einfach u00fcber eine sogenannte OBD Schnittstelle mit einem Computer, wobei OBD fu00fcr fu00fcr Onboard Diagnose steht und bekommt so die relevante Fehlermeldung, die Ernsthaft Fahrzeugdiagnose heiu00dft, angezeigt.Sie ahnen schon, Michaels Vergleich zwischen Arzt und KFZ Mechaniker hing.Unser Ku00f6rper ist kein Ding so wie ein Auto.Es verfu00fcgt weder u00fcber eine Computerschnittstelle zum Auslesen aktueller Fehlfunktionen, noch sind die Ku00f6rper von 2 Leuten wirklich vu00f6llig gleich.
Und auch auf die Gefahr hin, dass mir Autoenthusiasten widersprechen, bin ich u00fcberzeugt, dass millionenfach produzierte identische Fahrzeuge weder eine Seele noch ein Bewusstsein haben.Ein Umstand, der die Ku00f6rperwahrnehmung und damit die Auspru00e4gung der Beschwerden bei uns Menschen hingegen mau00dfgeblich beeinflusst.Da ihre u00c4rzte naturgemu00e4u00df keine vergleichbaren technischen Hilfen zur Verfu00fcgung stehen wie ein Kfz Mechatroniker, ist sie umso mehr auf ihre Mitarbeit angewiesen.Sie wird nur dann erfolgreich sein und die Beschwerden lindern oder beheben ku00f6nnen, wenn sie sich auf sie einlu00e4sst, offen aufmerksam und ermutigend ist und es ihr so gelingt, ihre Mitwirkung am Heilungsprozess zu fu00f6rdern.Sie wu00fcnscht sich ihre Mitarbeit.
Dieser Gedanke wu00fcrde dem Chef der Autowerkstatt eher nicht kommen.Je besser Ihre u00c4rztin es versteht, Ihnen dieses Angebot zu unterbreiten, desto mehr werden Sie wahrscheinlich gewillt sein, beizusteuern.Aus meiner Sicht ist es gut, ja notwendig, dass Sie sich auf diese Zusammenarbeit einlassen.Allein bekommt Ihre u00c4rztin das in der Regel nicht hin.Deshalb brauchen Sie auch eine braucht Sie auch eine gute Selbstbeobachtung auf Ihrer Seite.
Damit meine ich nicht, sich stu00e4ndig zu analysieren und veru00e4ngstigt hinter jedem Pickel eine beginnende Katastrophe zu vermuten.Gemeint ist Veru00e4nderungen, die sich im Inneren oder u00e4uu00dferlich sichtbar abspielen, auch wahrzunehmen.Einen letzten Aspekt noch zu den Erwartungen und dann ku00f6nnen wir vielleicht, wenn bei Ihnen Fragen sind, kurz dru00fcber sprechen.Als ich einmal eine junge u00c4rztin mit zu Frau Witkowski in meine Sprechstunde nahm, erlebte ich eine kleine u00dcberraschung.Ich hatte einen, ich wu00fcrde sagen, vernu00fcnftigen Draht zu dieser Patientin, aber es war eher eine Arbeitsbeziehung und nicht betont emotional.
An diesem Vormittag berichtete sie nicht zum ersten Mal von ihren Unterleibsschmerzen, die auf viele kleine Tumorabsiedlungen in ihrem Bauchfell, 1 Art in Bindegewebe, welches die Organe im Bauchraum an ihrem Platz hu00e4lt, zuru00fcckzufu00fchren waren.Unvermittelt wandte sie sich an die junge, ihr unbekannte u00c4rztin.Sie ku00f6nnen sicher besser verstehen, wie sich die Schmerzen hier unten anfu00fchlen.Es war eine talentierte Kollegin, die keinerlei Schrei vor dem Kontakt mit Frau Witkowski hatte und mit ihrer Art und wohl auch mit der Tatsache, dass sie nun einmal eine Frau war, im weiteren Gespru00e4ch die Patientin fu00f6rmlich aufschloss.Frau Witkowski schien erleichtert, daru00fcber zu sein, sich erstmals richtig verstu00e4ndlich machen zu ku00f6nnen.
In diesem Fall half mir meine jahrelange Praxiserfahrung gar nichts.An eine andere Grenze bin ich bei meinem u00e4lteren Bruder Ralf gestou00dfen, der auch eine Krebsdiagnose erhalten hatte.An sich waren die Voraussetzungen des Arztverhu00e4ltnisses bestens.Ich denke, Ralf fu00fchlte sich gut aufgehoben, denn sein behandelnder Arzt stellte ihm verschiedene Therapieangebote vor und schaffte es auch, die gleichwertigen Behandlungswege verstu00e4ndlich zu erklu00e4ren.Ralf kannte also die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Optionen und eigentlich, sollte man meinen, hu00e4tte er nun eine Entscheidung fu00e4llen ku00f6nnen, welchen Weg er einschlagen wollte.
Aber so war es nicht.Ralf fragte mich, ob er seinen Lungenkrebs, der damals lokal begrenzt war, operieren oder mit 1 kombinierten Strahlen Chemotherapie behandeln lassen sollte.Zu diesem Zeitpunkt war unser gemeinsamer Bruder Frank trotz 1 Chemotherapie bereits an seinem Prostatakarzinom gestorben.Das machte ihm machte es mir nicht leichter, Ralf zu vermitteln, dass auch die Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie erfolgreich sein kann, genauso wie eine Operation keinesfalls garantiert, dass der Tumor besiegt wird.Er war ein intelligenter Mann und hat die Unterschiede in den Behandlungen verstanden.
Am Ende aller Diskussionen hat er dann aber doch mich gebeten, ihm zu sagen, was er machen soll, Operation oder Strahlentherapie.Ich habe mich gewunden, habe versucht, mich die Antwort zu dru00fccken.Frank hatte ich doch schon verloren.In dieser Zeit gab es Tage, an denen wollte ich von Ralf nicht nach Erklu00e4rungen gefragt werden.Ich wollte keinen Rat abgeben und auch nichts entscheiden.
Ich suchte nach Ablenkung, aber ich konnte mich nicht entziehen, denn unweigerlich war Ralfs Erkrankung ein Stu00fcck weit auch zu meiner geworden.Das konnte ich gar nicht verhindern.Mir fiel es schwer, mich zu konzentrieren.Ich versuchte, meine eigenen Gefu00fchle und Bedu00fcrfnisse zuru00fcckzustellen, Ralph, der alleine lebte, zu unterstu00fctzen und fachlich kompetent zur Seite zu stehen, aber das war nicht einfach.Ich habe immer darauf geachtet, die Probleme einzelner Patienten nicht zu meinen eigenen zu machen.
Wie gesagt, das fiel mir manchmal leichter.Und dann gab es Begegnungen, bei denen ich nicht mich bewusst an die notwendige Distanz erinnern musste.Aus Gespru00e4chen weiu00df ich, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen viel Wert auf diese Distanz gelegt haben, zur eigenen Seelenhygiene und Ressourcen zu schonen.Einige Menschen sind emotionaler und offener als andere, die eher ku00fchl wirken.Da gibt es auch bei Medizinern grou00dfe eine grou00dfe Bandbreite.
Ich empfinde eine gewisse Distanz jedoch nicht nur wichtig fu00fcr mich, sondern auch fu00fcr Sie.Distanz ist nicht immer schlecht und Nu00e4he ist nicht immer gut.In Konkurrenz zu Ihren Verwandten oder Freunden zu treten nach dem Motto, wer hat das gru00f6u00dfte Herz, wer das beste Verstu00e4ndnis, halte ich fu00fcr keine gute Idee.Mich sehen Sie nur wenige Minuten, auch kenne ich Sie nicht so gut.Ihr Partner oder Ihre Tochter haben viel bessere Mu00f6glichkeiten, Sie zu unterstu00fctzen.
In der bereits erwu00e4hnten explorativen Studie der Universitu00e4t Hannover, die auch die Erwartungen der u00c4rzte in Erfahrung bringen wollte, war dieser Punkt nicht unumstritten.Offenbar gehu00f6rt es fu00fcr einige u00c4rzte zum Selbstverstu00e4ndnis, sich auch persu00f6nlich auf die Erkrankung der Patienten oder des Patienten einzulassen.Doch es gibt ebenso gegenteilige Meinungen.Fu00fcr mich ist es grundsu00e4tzlich keine Option, mich persu00f6nlich zu involvieren, denn es erschwert mir, Sie kraftvoll in medizinischer und emotionaler Hinsicht zu unterstu00fctzen.Die Ablenkung wu00e4re einfach zu grou00df.
Ich bin der u00dcberzeugung, dass Sie das nicht erwarten sollten.Sie wu00fcrden dann oft enttu00e4uscht, weil viele u00c4rzte eine derartige Anteilnahme nicht leisten ku00f6nnen und auch nicht wollen.Bei meinen Bru00fcdern konnte ich mich natu00fcrlich nicht raushalten, weder bei dem Ju00fcngeren noch bei dem u00c4lteren.In der Diskussion mit Ralf hab ich mir hab ich sehr mit mir gerungen.Einerseits wollte ich ihn unbedingt unterstu00fctzen, ihm bei seiner Entscheidung helfen, andererseits konnte und wollte ich sie nicht abnehmen.
Wie schwer es sein kann, eine Entscheidung mit erheblicher Tragweite fu00fcr das eigene Leben zu fu00e4llen, obwohl man Vor- und Nachteile kennt, verstehe ich seitdem besser.Selbst musste ich eine solche Pru00fcfung glu00fccklicherweise noch nicht bestehen.Im Endeffekt habe ich mich zu keiner der beiden Mu00f6glichkeiten habe ich ihm zu keiner der beiden Mu00f6glichkeiten direkt geraten, denn auch der als Bruder bin ich letztlich eine auu00dfenstehende Person, die nicht das letzte Wort haben kann.Daher mein Rat, versuchen Sie derart wichtige Weichenstellungen fu00fcr Ihr eigenes Leben in eigener Verantwortung zu treffen.Das ist leicht gesagt, aber nicht leicht getan, wenn Ihre Gesundheit davon abhu00e4ngt.
Aber vertrauen Sie darauf.Einen richtig oder falsch im rationalen Sinne gibt es dabei letztlich nicht.Ob Sie auf einem guten Weg sind, wird sich erst im Prozess oder in der Ru00fcckschau zeigen.Wichtig ist der nu00e4chste Schritt.Die Entscheidung, getroffen nach sorgfu00e4ltiger Abwu00e4gung und nicht u00fcbereilt, muss sich gut fu00fcr Sie anfu00fchlen.
Dann werden Sie dazu stehen ku00f6nnen.Diese Verantwortung zu u00fcbernehmen ist auch Ihren Angehu00f6rigen oder Freunden gegenu00fcber fair.Es zwingt Ihrem Umfeld nicht eine Rolle auf, die Sie nun einmal selbst u00fcbernehmen mu00fcssen.Ralf hat sich dann geschickt vor der Entscheidung gedru00fcckt, indem er mich gefragt hat, was ich in seiner Situation machen wu00fcrde, wenn ich ihm schon zu keiner Option raten wolle.Das ist ein beliebter und irgendwie auch verstu00e4ndlicher Schachzug von vielen Patienten.
In meiner Sprechstunde habe ich versucht, diese Frage nie zu beantworten, weil ich wirklich der u00dcberzeugung bin, dass sie selbst entscheiden mu00fcssen.Im Falle meines Bruders habe ich eine Ausnahme gemacht.Ich hu00e4tte mich operieren lassen und so ist er zum Chirurgen gegangen.In dem Kapitel stelle ich Ihnen jetzt auch die Silke vor, die eine Angehu00f6rige oder die als Angehu00f6rigenfigur son bisschen durch das Buch lu00e4uft.Die ku00f6nnen nicht verstu00e4ndlich formulieren, u00fcber das Zuhu00f6ren beobachten und sprechen.
Im Gespru00e4ch stolperst Du stu00e4ndig u00fcber Wu00f6rter, die kannst Du gar nicht wiederholen.Wenn ich nun schon den Inhalt nicht verstanden habe, ist es wirklich schwierig, u00fcberhaupt nachzufragen.Auu00dferdem bleibst Du dann gedanklich hu00e4ngen, weil Du irgendwie versuchst, Sinn in die Su00e4tze zu bekommen.Dabei redet der Arzt einfach immer weiter.Das ist so, als wenn Du versuchst, noch den Fahrplan zu lesen, aber der Busfahrer macht die Tu00fcren schon zu und fu00e4hrt los.
Da brauchst Du eigentlich auch gar kein Gespru00e4ch zu fu00fchren.Das ist ein riesiges Defizit bei einigen u00c4rzten.Die ku00f6nnen nicht verstu00e4ndlich formulieren.Eine Freundin von mir ist Urologin.Die haben wir dann immer mit zu den Terminen genommen als u00dcbersetzerin, aber das ist ja kein Zustand.
Seit einigen Monaten bereits begleitete Silke ihre beste Freundin Katharina zu den Terminen bei der Gynu00e4kologin.Katharina versuchte gerade nach einem Ru00fcckfall ihrer Brustkrebserkrankung die Kraft zwischen Chemotherapie, Bestrahlung und ihrer heranwachsenden Tochter aufzuteilen.Jemanden wie Silke jetzt an ihrer Seite zu haben, entlastete sie sehr, doch aus deren Beschreibung spricht Verdruss.Kennen Sie das Gefu00fchl?Die u00c4rztin versucht, die aktuellen Befunden und die nu00e4chsten Therapieschritte zu erklu00e4ren, aber Sie verstehen sie nicht.
Dabei sind Sie gar nicht aufgeregt und Ihr Gehu00f6r funktioniert auch einwandfrei.Nur diese Wu00f6rter, die haben Sie noch nie gehu00f6rt.An Ihre Ohren dringt nur unverstu00e4ndliches Zeug.Wenn dann noch zu schnell gesprochen oder vage und mehr dadurch formuliert wird, sind sie verloren.Und die u00c4rztin?
Die merkt gar nicht, dass sie sie vu00f6llig abgehu00e4ngt hat.Sie redet in ihrer ru00e4tselhaften Sprache, die ihnen wie eine hochgeklappte Zugbru00fccke vorkommt.Sie kommen nicht u00fcber den Wassergraben, der die Burg umgibt.Sie mu00fcssen drauu00dfen bleiben.Was Sie dabei mu00f6glicherweise u00fcberrascht, auch die wenigsten u00c4rztinnen und u00c4rzte sprechen wirklich Latein.
Entgegen der allgemeinen Vermutung benu00f6tigt man fu00fcr das Medizinstudium kein grou00dfes Latinum, also einen Nachweis u00fcber die Kenntnis der lateinischen Sprache.Vielmehr gibt es am Beginn des Studiums den verpflichtenden Kurs medizinische Terminologie, in dem angehenden u00c4rzten die wichtigsten und gu00e4ngigsten medizinischen Redewendungen vermittelt werden.Hier liegt der Ursprung dieser lateinisch griechischen Mischung, die wir Mediziner stu00e4ndig im Munde fu00fchren.Das ist aber ein Kurs fu00fcr Medizinstudenten und eben nicht fu00fcr jedermann.Wir mu00fcssen uns also sprachlich auf Sie, die Patienten einstellen, daran fu00fchrt kein Weg vorbei.
Zirkus Idee, eine befreundete u00c4rztin als u00dcbersetzerin mitzubringen, ist pragmatisch, aber fu00fcr die wenigsten durchfu00fchrbar.Mein Vorschlag wu00e4re einfacher.Signalisieren Sie dem Arzt, dass Sie nicht folgen ku00f6nnen.Notfalls unterbrechen Sie seinen Redefluss hu00f6flich, aber bestimmt.Sie geben ihm ein unmissverstu00e4ndliches Handzeichen, damit er eine Pause macht, wie beim Zahnarzt, wenn es wehtut.
Bleiben Sie hartnu00e4ckig und stoppen Sie ihn gegebenenfalls erneut, wenn auch der zweite Versuch seiner Erklu00e4rung kompliziert und unverstu00e4ndlich fu00fcr Sie ist.Trauen Sie sich, Fragen zu stellen, denn der Arzt muss begreifen, dass Sie ihn nicht verstehen.Er steht in der Pflicht, sich auf Sie einzustellen und nicht umgekehrt.Zu Beginn der Coronakrise waren die Talkshows voll mit Virologen, Notfallmedizinern, Krankenhauschefs und so weiter.Man konnte den Eindruck gewinnen, dass es eigentlich u00c4rzte sind, die das Land regieren.
Auffu00e4llend war, dass in einigen Runden die Journalistinnen immer wieder einhaken mussten, das Gesagte fu00fcr die Zuschauer zu u00fcbersetzen.So wie die befreundete Urologin in Silkes Schilderungen.Ich erinnere mich an eine Sendung von Anne Will in der ARD zu dem Thema, bei der die eingeladene Expertin, eine Professorin fu00fcr Infektiologie, bei jedem zweiten oder dritten Satz von der Gastgeberin unterbrochen wurde.Frau Will war fortlaufend damit beschu00e4ftigt, nachzufragen, Erlu00e4uterungen zu bitten oder einfach selbst Fachbegriff in eine fu00fcr die Zuschauer verstu00e4ndliche Form zu u00fcbersetzen.Ich war drauf und dran, in ein anderes Programm zu schalten.
Wie sehr uns u00c4rzten die eigene Art zu reden in Fleisch und Blut u00fcbergegangen ist, musste ich dabei selbst feststellen.Denn erst durch die vielen Unterbrechungen von Frau Will, die mich wirklich nervten, wurde mir bewusst, dass sich die Professorin nicht allgemein verstu00e4ndlich ausdru00fcckte.Das war mir vorher u00fcberhaupt nicht aufgefallen.Nun hilft es Ihnen natu00fcrlich wenig, wenn Sie besser verstehen, dass die u00c4rzte mit Ihrer eigenen Sprache viele Dinge direkt und pru00e4zise kommunizieren ku00f6nnen und Sie deshalb so gern benutzen, denn Sie haben diese Sprache ja nicht gelernt.Sie haben auch keinen Kurs fu00fcr medizinische Terminologie besucht.
Silke hat es eingangs erwu00e4hnt.Beim Besuch ein Besuch beim Arzt ist sinnlos, wenn man nicht versteht, was er sagt.Dass man ins Sprechzimmer einen eigenen u00dcbersetzer mitbringen muss, ist absurd.Irgendwann wechselt man dann besser auf einen anderen Kanal und sucht sich einen neuen Arzt.Die grundlegende Aufgabe 1 jeden Arztes, Ihnen Sachverhalte klar und verstu00e4ndlich nahezubringen, ku00f6nnen Sie ihm nicht abnehmen.
Aber Sie ku00f6nnen ihm sagen, dass Sie ihn nicht verstehen.Aus meiner Sicht ist es entscheidend, dass Sie in diesem Moment aktiv werden, u00fcber Ihren Schatten springen und sich trauen nachzufragen.Wenn es richtig gut lu00e4uft, wird Ihr Arzt beziehungsweise Ihre u00c4rztin Ihnen nicht nur erzu00e4hlen, sondern auch nachfragen, festzustellen, ob Sie das Gesagte verstanden haben.Vielleicht werden Sie gebeten, es mit Ihren eigenen Worten zu wiederholen.Diese Erwartung wu00fcrde ich allerdings nicht bei jeder Begegnung im Sprechzimmer haben.
Das wu00e4re bei dem heutigen Zeitdruck, den die meisten u00c4rztinnen und u00c4rzte ausgesetzt sind, nicht realistisch.Wenn es aber entscheidende Aspekte 1 Therapie, die Prognose der Erkrankung oder eine wichtige Weichenstellung geht, dann sollte es so laufen.In diesen Fu00e4llen ist die Erfahrung 1 Gespru00e4ches auf Augenhu00f6he entscheidend, bei dem Sie Fragen gemeinsam mit Ihrer u00c4rztin so klu00e4ren ku00f6nnen, dass Sie den Sachverhalt tatsu00e4chlich begreifen.Wu00e4hrend Silke und Katharina 1 solchen u00c4rztin begegnet, wu00e4re es ihnen gar nicht in den Sinn gekommen, die befreundete Urologen u00fcberhaupt mitzubringen.Werden Sie gebeten, mit eigenen Worten noch einmal zu wiederholen, was Sie gehu00f6rt haben, dann nutzen Sie dieses Angebot auch.
Sie sind nicht in der Schule und es gibt keine Noten, sondern Sie und Ihre u00c4rztin ku00f6nnen sich dabei vergewissern, was wirklich ru00fcbergekommen ist, worum es geht.Oft tauchen dabei noch Fragen oder Widerspru00fcche auf, die man gleich klu00e4ren kann.Denken Sie an die klassische Szene in vielen Kriminalgeschichten, in der ein Anwalt den Zeugen bittet, eine seine Version der Geschichte zu erzu00e4hlen.In dem Weltbestseller mehr die Nachtigall stu00f6rt von Harper Lee fragt Articus Finsch, der Anwalt, den Angeklagten, welches Auge des weiblichen Opfers blau geschlagen worden war.Das Linke, antwortete dieser, klare Antwort.
War es das Linke von Ihnen aus gesehen oder das Linke von ihr aus gesehen, hakte Articus nach.Ach so, damals natu00fcrlich das Recht.Diese kleinen Klarstellungen sind sehr wichtig, besonders wenn ein einziges Wort den Sachverhalt ins Gegenteil verkehren kann.In der Regel werden Sie vermutlich am Ende kurz gefragt, ob Sie alles verstanden haben.Als Erwartungshaltung steht ein knappes Jahr im Raum.
Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihrer u00c4rztin eine bessere Variante vorzuschlagen.Sie mu00f6chten mit eigenen Worten noch einmal die fu00fcr Sie wichtigsten Informationen wiederholen.Als Kontrolle fu00fcr sich selbst.Sie ku00f6nnen als Antwort auf die womu00f6glich firstalhafte Frage auch gleich mit Ihrer eigenen Darstellung beginnen.Habe ich Sie richtig verstanden, dass oder bei mir ist Folgendes angekommen?
Dabei kann sich Ihre Nachfrage auf eine einzelne Formulierung Ihrer u00c4rztin oder das gesamte Gespru00e4ch beziehen.Das ist ganz egal.Wichtig ist die Ru00fcckversicherung, Klarheit zu gewinnen.Letztlich ist nur das entscheidend.Lassen Sie sich nicht von Zeitnot oder einem mu00f6glichen, erweise irritierten oder gar genervten Kollegen von Ihrem Vorhaben abbringen.
Bevor Ihnen nicht genau klar ist, woru00fcber gesprochen wurde, verlassen Sie das Sprechzimmer nicht.Andernfalls hu00e4tten Sie Zeit hu00e4tten Sie sich die Zeit fu00fcr den Arztbesuch auch gleich sparen ku00f6nnen.Klarheit ist nun leicht gefordert, aber nicht so leicht hinzubekommen.Es sei ein Irrtum zu glauben, dass die meisten Informationen durch das gesprochene Wort transportiert werden, sagt Annegret Hannava von der Universitu00e4t Lugano, die seit langem mit der die sich seit langem mit der Kommunikation im Gesundheitswesen beschu00e4ftigt.Nach Ihrer Ansicht tauscht man mehr als 90 Prozent der Informationen beispielsweise im Rahmen 1 Gespru00e4ches auf andere Weise aus als denen der Sprache.
Tatsu00e4chlich werden viele Dinge nicht u00fcber Worte, sondern nonverbal, durch Mimik und Gestik oder durch Nichtssagen und ausbleibende Aktionen kommuniziert.Nur weil man nichts sagt, bedeutet es ja nicht, dass keine Botschaft gesendet wird.Clowns zum Beispiel sind darin wahre Meister.Als Kind bin ich gerne in den Zirkus gegangen, da gab es einfach alles.Elefanten, Lu00f6wen, Schlangenmenschen und natu00fcrlich den Clown.
Der kam ganz ohne Worte aus.Aber er war so gut, dass ich kaum aufhu00f6ren konnte zu lachen, wu00e4hrend er zum dritten Mal u00fcber den unsichtbaren Ball gestolpert war und auf der Nase lag und sich in seinen weit geu00f6ffneten Augen unglu00e4ubiges Erstaunen abmalte.Klar hatte er auf der Clownschule gelernt, sich durch pru00e4zise Gesten und Bewegungen auszudru00fccken.Mindestens genauso wichtig war, dass er seine gesamte Konzentration in die Mimik und die Gesten legte.Seine Bewegungen mussten genau definiert sein, damit sie bei mir einen Lachanfall auslu00f6sten.
Im Sprechzimmer gelten Gestik und Mimik als Beiwerk.Beachtet werden sie trotzdem ganz genau und das Bild gilt fu00fcr beide Seiten.Eine erfahrene u00c4rztin ist hu00e4ufig auch eine gute Beobachterin, die sich nicht nur darauf verlu00e4sst, was ihr erzu00e4hlt wird.Doch die eigene Gestik und Mimik wird sie, genauso wie der Patient, eher selten gezielt und mit besonderer Konzentration einsetzen.Und genau hier liegt die Gefahr.
Denn Sie sitzen in diesem Sprechzimmer wie der Luchs auf der Lauer und versuchen neben dem, was geredet wird, keine Schwingungsu00e4nderung der Stimme, keine Augenbewegung Ihrer u00c4rztin zu verpassen.So berichtete Silke, die Gynu00e4kologin meinte, dass die aktuellen Computertomografie keinen Grund zur Besorgnis geben wu00fcrde, sie klang dabei aber u00fcberhaupt nicht zuversichtlich und hat uns auch nicht angeschaut.Weder hat sie uns auch keine gezeigt, das hat mich alles u00fcberhaupt nicht u00fcberzeugt.Weil Katharina mal wieder nichts gesagt hat, denn es ist ja diese Art von Information, die man als Patientin gerne hu00f6ren will, habe ich dann nachgefragt.Fu00fcr mich passten die Ausku00fcnfte der u00c4rztin und die Art, wie sie sich verhalten hat, nicht zusammen.
Silke wurde offenbar von der Klangfarbe der u00e4rztlichen Stimme und dem Vermeiden 1 direkten Blickkontaktes beunruhigt.Hinzu kam, dass sie eigentlich erwartet hu00e4tte, Bilder der Untersuchung, die die Aussage der u00c4rztin belegen beziehungsweise stu00fctzen, demonstriert und erklu00e4rt zu bekommen.Das ist aber nicht passiert.All das transportierte auch ohne Worte eine Information.Silke hatte das Gefu00fchl, die u00c4rztin wollte irgendwie schnell fertig werden und zum nu00e4chsten Thema u00fcbergehen.
Das wirkte auf sie, als sei etwas nicht in Ordnung.Sie hat also genau das Gegenteil von dem angenommen, was die u00c4rztin mit Worten gesagt hatte.Das sei nicht ungewu00f6hnlich, erklu00e4rt die Kommunikationswissenschaftlerin.Auch hinter fehlendem Verhalten, in diesem Fall also dem Nichtszeigen der Bilder und der Vermeidung des Blickkontaktes, wird eine Botschaft vermutet.Steht eine solche nonverbale Botschaft im Widerspruch zu dem, was gesagt wird, vertrauen die Menschen dem nonverbalen eher als dem gesprochenen Wort.
Dadurch kann es passieren, dass eine fehlende Kommunikation vom Patienten falsch gedeutet wird.Das wollte Silke instinktiv verhindern, denn sie empfand einen Widerspruch und hat aus meiner Sicht genau das Richtige getan.Sie hat nachgefragt und die u00c4rzte gebeten, genauer zu erlu00e4utern, wie sich der Brustkrebs im Vergleich zur letzten Untersuchung entwickelt hat.Gut, dann danke ich Ihnen, ne, dass Sie hier im Survivors Home in Berlin waren und zugehu00f6rt haben und ja.Vielen Dank.