Wenn der Glaube Berge versetzt…
Sabine Schneider lebt eine unbeschwerte Kindheit. Dann wendet sich das Blatt und sie muss lernen, mit dem frühen Verlust der Eltern zu leben: Ihre Mutter verliert sie mit 16 Jahren auf Grund einer Krebserkrankung, der Vater verstirbt nur 3 Jahre später. Sie findet Halt in ihrer theologischen Ausbildung auf einer Bibelschule in Frankreich.
Mit nur 26 Jahren erhält sie die Diagnose „Malignes Melanom“ – auch schwarzer Hautkrebs genannt. Dieser ist bereits auf ihrer rechten Brust ausgeprägt und unverkennbar sichtbar. Die Ärzte raten zur unverzüglichen Operation – Sabine schätzt ihre Chancen zu überleben als gering ein und entscheidet sich dafür. Sie sagt, die zwei Wochen im Krankenhaus waren gefüllt mit großem Schmerz und vielen Fragen: War sie bereit ist zu sterben?
Gott sei Dank: Der Krebs war „in Lauerstellung“, es gab keine Metastasen und somit auch keine Chemotherapie oder Bestrahlung. Die schreckliche Narbe, die damals zurückblieb, machte Sabine ihr jugendliches Leben jedoch sehr schwer. Die Krebssituation mit all ihrer Auswirkung zu bewältigen forderte ihr sehr viel ab, denn sie war ganz auf sich alleine gestellt.
Sabine lernte ihren Mann kennen, heiratete und bekam zwei Töchter. Alles schien gut zu sein, bis zu einer neuerlichen Diagnose: Gebärmutterhalskrebs.
Mit ihrem Interview möchte die lebensfrohe und sehr klar denkende Nürnbergerin anderen Betroffenen Mut machen. Sie beschreibt, wie wichtig es ist, eine bewusste Haltung zur Erkrankung zu entwickeln und Trost und Zuversicht im Glauben zu finden.
Transcript
Ich begru00fcu00dfe Sie sehr herzlich zu 1 neuen Folge von ein Gespru00e4ch im roten Sessel.Heute ist Sabine zu Gast.Sie erhielt mit nur 26 Jahren ihre erste Krebsdiagnose.Damals war es der schwarze Hautkrebs.Dieser wurde erfolgreich operiert, hinterlieu00df aber sichtbare Spuren bei ihr.
Ganz auf sich allein gestellt, setzte Sabine ihr Studium in Frankreich fort, verliebte sich, gru00fcndete eine Familie und bekam 2 Tu00f6chter.Ihr Leben schien sich gut zu entwickeln.Leider kam der Krebs zuru00fcck und wurde 2005 am Gebu00e4rmutterhals festgestellt.Und wieder mobilisierte sie ihre Kru00e4fte und u00fcberstand auch diese schwere Zeit.Gleich werden wir erleben, wie lebensfroh Sabine geblieben ist und wie ihr Weg im Umgang mit den Krebsbefunden war.
Sie hat Platz genommen auf dem Roten Sessel.Ganz herzlich willkommen Sabine Schneider.
Ja, danke schu00f6n, dass ich hier sein darf und ich freue mich wirklich auf das Interview und ja, bin gespannt.
Sabine, lass uns wissen, wie war dein Leben vor der Krebsdiagnose?Wu00fcrdest Du sagen, dass Du eine sorglose, unbeschwerte Kindheit hattest?
Ja.Bis bis 16, bis dann mein Also mein mein Mutter ist mit also gestorben, als ich 16 war und mein Vater dann mit als ich 19 war.Mhm.Und da war die Obdachlosigkeit dann vorbei.Mhm.
Und dann sag ich, also schlimmer als der Tod der Eltern, die gute Eltern sind, kann's nicht werden.Also der, wenn man solche Verluste, dann ist einfach die Relation ist anders.Zurzeit, als ich die Krebsdiagnose bekommen habe, habe ich in Frankreich Theologie studiert.Das war eine multikulturelle Bibelschule.Wir haben auf Campus gelebt und die Konfrontation mit diesen vielen Nationen war u00e4uu00dferst lehrreich.
Leute aus Afrika, Burkina Faso, die waren dann mit Menschen zusammen aus Few Island.Und dann lernt man einfach zu sagen, das ist dein Bruder im Herrn, der ist Christ.Der hat seinen Hintergrund und Du hast deinen Hintergrund.Und beide Hintergru00fcnde sind absolut akzeptabel und Du Du musst ihn akzeptieren mit allem, was er ist.Und er muss dich akzeptieren mit allem, was Du bist.
War eine stressige Zeit, muss ich ehrlich sagen.Also es war sehr grou00dfes Lernpensum und das Studium war eingeteilt in Trimester, nicht in Semester.Und wu00e4hrend des Trimesterferien hab ich dann die Diagnose bekommen.
War das eher ein Zufallsbefund oder hast Du Beschwerden gehabt, dass Du zum Arzt gegangen bist und dich untersuchen lassen hast?
Ich hatte schon lu00e4ngere Zeit auf der rechten Brust grou00dfes Muttermal.Und im Laufe des Studiums ist hab ich das beobachtet und es hat dann angefangen zu nu00e4ssen.Hab mir aber weiter nichts gedacht.Das war ja in den Achtzigerjahren, da war der das Thema Hautkrebs war jetzt nicht so aktuell und bin dann zum Arzt gegangen, hat das angeschaut und gesagt, ja, ku00f6nnen Sie sich wieder anziehen.Sie haben Hautkrebs.
Zack.
Zack.Und ich sau00df dann da und ich ich denk, Moment mal.Normalerweise geht man ja davon aus, man wird untersucht, eine Biopsie wird gemacht oder was auch immer oder jemand kommt mit der Lupe und der hat das einfach so gesagt.
Wusstest Du zu dem Zeitpunkt, wie folgenschwer ein schwarzer Hautkrebs sein kann?Nein.
Das war mir u00fcberhaupt nicht bewusst.Also erst im Nachhinein, also ich glaub Jahre spu00e4ter, hab ich dann erfahren, dass nur 15 Prozent u00dcberlebenschance.
Mhm.
Und das war also wirklich 2 D-Mark grou00df das Stu00fcck und hat schon genu00e4sst und also war wie ausm Lehrbuch.Jetzt im Nachhinein denk ich mir, ja klar, die brauchten sich das nicht anzugucken.Die haben das gesehen und haben gewusst, das ist das ist tu00f6dlich.
Wurde das ausgesprochen?
Ja, sie haben's nur einfach dringend gemacht, ne.Ich hu00e4tte also bin bin Mittwoch zum Arzt, zum normalen Arzt und Freitag hu00e4tten die mich schon operiert.Und dann hab ich gesagt, nee, ich mu00f6chte jetzt erst mal noch das Wochenende haben, mich praktisch von meinen Schwestern zu verabschieden.
Hast Du gedacht, dass es Abschied wird?
Ja.Also vor allen Dingen Krebs ist die Diagnose, wo man sofort denkt, das u00fcberleb ich nicht.Und jede OP ist Risiko in sich.Und ja, so wie die das dargestellt haben, hatte das gestreut.
Dann kam es Gott sei Dank anders.
Ja, Gott sei Dank.Also die Zeit im Krankenhaus, die war dann schon ziemlich schwierig, weil es war also Hochsommer, es war sehr heiu00df, Sechsbettzimmer und dann liegt man da 2 Wochen und warte aufn Befund.
Das war vor 30 Jahren, es war eine andere Zeit.
Es war eine andere Zeit, ja.Und dann kam aber tatsu00e4chlich raus, dass der Krebs hatte nicht gestreut.
Wie ging dein Leben weiter?
Ja, ich bin dann einfach wieder auf die Schule zuru00fcck und hab weitergemacht wie wie wie bisher.
Dann hast Du deinen Mann kennengelernt?
Genau, dann als ich fertig war, hab ich meinen Mann kennengelernt und hab dann auch weitergearbeitet eine Zeit lang und hab dann 3 Jahre nach der Hochzeit meine Tu00f6chter, also erste Tochter gekriegt, dann die zweite.Die sind nach Nu00fcrnberg umgezogen.
Was bedeuten dir deine Tu00f6chter Nena und Lisa?
Ja, die sind sehr gut geraten, muss ich sagen.Freu mich an denen und ja, sie haben natu00fcrlich auch das mitbekommen vom Krebs insofern, dass ich sie schon sehr fru00fch dahin gebrieft hab, dass sie auch das mit den Muttermalen sehr ernst nehmen und auch regelmu00e4u00dfig zur Vorsorge gehen, nicht so viel in die Sonne.
Wenn man wie Du so fru00fch, so jung mit 26 eine Krebsdiagnose hatte und das u00fcberstanden hat und mit der Zerbrechlichkeit des eigenen Ku00f6rpers konfrontiert wurde, ist man dann besonders sensibel, was das Thema Krebs betrifft?Wu00fcrdest Du sagen, ist man u00fcbervorsichtig oder gelingt es, sich dem Leben wieder voll und ganz anzuvertrauen?
Also ich denke, diese Vorsicht bleibt.Das lehrt auf jeden Fall die Krankheit.Nachdem ich dann mich damit beschu00e4ftigt hab, wird man da schon sehr, sehr sensibel.Das tru00e4gt man immer mit sich.Also auch so jetzt, jeder Flecken wird beobachtet und Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen.
Auf der anderen Seite kann man das nicht immer mit sich schleppen.Das Leben geht ja weiter.Man lebt ja weiter.Es ist ja nicht so, dass Krebs oder finde ich, sollte nicht das Leben bestimmen.
Wird die Dimension oder die Gefu00e4hrlichkeit von Hautkrebs unterschu00e4tzt?
Die Gefu00e4hrlichkeit von Hautkrebs wird auf jeden Fall unterschu00e4tzt.Da bin ich ganz sicher.Also wenn ich mich im Urlaub umsitze, was die Leute auch mit ihren Kindern machen, also wo ich sag, wie kann das mu00f6glich sein, ne?
2005 kam es zur neuerlichen Diagnose Gebu00e4rmutterhalskrebs.Wie bist Du mit der Diagnose umgegangen?
Ja, das war natu00fcrlich dann noch mal eine andere Sache, weil ja, die hu00e4tten eine Kunisation machen ku00f6nnen.Aber durch meine Vorerkrankung habe ich gesagt, also da mach ich, da geh ich gar kein Risiko ein und hab eine Totaloperation machen lassen.Familienplanung war abgeschlossen, die Folgen mit Menopause und so, das war halt dann einfach so.
Trau mich mal zu fragen, was wog schwerer?Die erste Krebsdiagnose oder die zweite?
Die erste.Also die erste war tatsu00e4chlich einschneidend, das ganze Leben zu reflektieren, auch durch die ganzen Umstu00e4nde.Ich war alleine, das Krankenhaus war furchtbar.Dann wird man mit 26 mitm Tod konfrontiert und fragt sich, bin ich u00fcberhaupt bereit zu sterben?Und die zweite Operation, die war dann einfach, ja, ja, weil die Familienidee, die Geborgenheit der Familie war ja da.
Die Angehu00f6rigen spielen ja bei 1 Krebsdiagnose 1 Familienmitgliedes eine ganz essenzielle Rolle.Welche?
Vor allen Dingen Ru00fcckhalt und Verstu00e4ndnis.Also auch bei der ersten Diagnose war es mir sehr, sehr wichtig, dass meine Schwestern da waren und dass man da noch mal dru00fcber spricht und das reflektiert, was da jetzt als Nu00e4chstes auf einen zukommt.Aber da ich ja sehr jung war, kann man da mit dem Leben noch eher abschlieu00dfen, als wenn man dann eine Familie hat.Wenn man eine Familie hat, dann sieht die Sache ganz anders aus, weil dann tru00e4gt man ja Verantwortung auch vor allen Dingen fu00fcr die Kinder.Aber das hatte ich
ja nicht.
Insofern war es hast dir
in Zwischenphase eigentlich.
Ich war in Zwischenphase.
Die eine Familie war verstorben, deine Eltern.
Genau.
Da ist was weggebrochen, dann gab's deine Schwestern, aber Du hattest im Grunde noch keine neue Familie.
Genau und meine Schwestern waren ja auch weg, die sind auch sehr viel u00e4lter als ich.Also war ich alleine und wenn man alleine ist, kann man sehr leicht sagen, okay, das war's.Anders sieht's aus, wenn man eine Familie hat.Mhm.Da zu wissen, dass da keine Verurteilung kommt oder keine Kritik, so wie hu00e4ttest Du besser aufgepasst, da jemanden zu haben, der einen da voll unterstu00fctzt, ist ganz, ganz wichtig.
Jetzt erleb ich dich als eine ausgesprochen lebensfrohe, lebensbejahende, fast heitere Person.Woher kommt diese Energie?
Genetisch?Nein, ich weiu00df nicht.Es ist
Das hast Du einfach.
Ja.Ich bin positiver Mensch und es waren wirklich eine geborgene Kindheit und es gab in unserer Familie keine Vorverurteilungen oder irgendwas.Es gab immer Offenheit.Und wenn das so vermittelt wird, dann denk ich, wenn dann solche Schicksalsschlu00e4ge kommen, dass man auch anders damit umgehen kann.
Wu00fcrdest Du sagen, dass Du im Leben ein Gottvertrauen hast?
Ja, auf jeden Fall.Die persu00f6nliche Beziehung zu Jesus Christus ku00f6nnte ich hu00e4tte ich vielleicht auch nicht dieses Jahr zum Tod, muss ich sagen.Also er gibt das Leben und er gibt das Sterben, wie es ihnen so schu00f6n heiu00dft.Ich hab's als Geschenk genommen, dass das dann jedes Mal immer Krebs in Lauerstellung war bis jetzt.Das ist mein Lebensankerung sozusagen, ja.
Wie
lebst Du heute?
Ja, wir leben in der Nu00e4he von Nu00fcrnberg und ich hab son Nebenjob und Kinder sind ausm Haus, studieren, ja.Und genieu00df das Leben, solange es geht.
Sabine, Du machst fu00fcr mich den Eindruck, als ob alles in deinem Leben einen guten Platz hat.Du wirkst ausgesprochen aufgeru00e4umt und klar.Gab's Momente, wo das vielleicht nicht so war?
Oh ja.Also der gru00f6u00dfte Punkt war dann tatsu00e4chlich, als ich ausm Krankenhaus kam und mit der Narbe konfrontiert war, die ich bekommen hab.Nicht die Zeit im Krankenhaus, nicht die Krebsjagd nur, sondern diese Narbe hinterher am Schluss.Das war das Allerschlimmste.Und dann hab ich gedacht, ich das war's.
Ich krieg nie Mann.Es ist also, wenn ich da nicht eine Freundin gehabt hu00e4tte, die mich durchgetragen hu00e4tte, die sich einfach, wo ich mich hab, ausrollen kann, dann hu00e4tte, weiu00df ich nicht.Ganz schlimm, ganz schlimme Zeit.
Was hat dir den klaren Blick gegeben?
Durch jede Krise wu00e4chst man, wird stu00e4rker und man hat wesentlich mehr Verstu00e4ndnis fu00fcr andere Menschen.Sowohl jetzt in der Krankheit oder aber auch grade, wenn Menschen andere Angehu00f6rige verlieren.Da hat man dann auch wesentlich mehr Verstu00e4ndnis, was Trauer wirklich bedeutet und wie man auf diese Menschen zugeht.Und das zu wissen, gibt einem natu00fcrlich auch Halt.
Wie kommst Du normalerweise durch den
Tag?Gut.Beschreib mal, wie son
wie son Alltag aussieht.Ja,
ich steh morgens fru00fch auf und mach dann erst mal Sport.Hab ich auch von meiner Tochter.Die hat mich dann dazu gebracht, wieder Krafttraining zu machen.Und ich sag mir, Leute, achtet auf euch selber, erkennt eure Grenzen.Wenn euch, wenn ihr Lust habt, das zu tun, dann macht's.
Aber sobald mu00f6glich sollte man sein Leben stressfrei gestalten.
Sabine, wir sind am Ende unseres Gespru00e4ches angekommen.Herzlichen Dank fu00fcr dein
Bitteschu00f6n.
Vertrauen, deine Offenheit und diesen wirklich hochinteressanten Einblick in ein sehr, sehr spannendes Leben.Ich wu00fcnsche dir, deinen Tu00f6chtern, deinem Mann das Beste.
Dankeschu00f6n.
- person Sabine Schneider
- coronavirus Hautkrebs (schwarz) Gebärmutterkrebs
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