Stärke im Abschied: Von Minute zu Minute
Man spricht inzwischen von einer stillen Revolution in der Krebstherapie, weil sich in den letzten Jahren die Prognosen für Krebspatienten deutlich gebessert haben. Doch für viele ist der Tod aufgrund der Erkrankung trotzdem jeden Tag allgegenwärtig und irgendwann bleibt nicht mehr viel gemeinsame Zeit. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, mobilisieren Angehörige oft ihre letzten Kraftreserven. Für sie können ambulante Palliativteams, eine psychosoziale Unterstützung oder die Verlegung des Sterbenden in ein Hospiz wohltuend sein.
Wie ging es Ihnen in dieser schweren Zeit des Abschieds? Hatten Sie Angst vor dem letzten Abschnitt?
Zurück zum Themen-Special "Angehörige"Im Grunde war das viel Funktionieren in der Zeit, denn sobald ich angefangen habe nachzudenken, bricht das ja alles auf dich ein und du denkst: Oh Gott, wie geht es denn danach weiter? Da will man ja gar nicht hingucken. Als ich mich um Gerhard gekümmert habe, als er wach war, haben wir uns unterhalten. Er hat mir da sehr viel Last abgenommen. Dafür bin ich ihm auch unendlich dankbar. Am letzten Abend kam er fast alleine ins Bad damit ich ihn wasche und er hat zu mir gesagt: Weißt du, heute geht es mir richtig gut. Und da sage ich Das ist aber schön. Ich glaube, das ist so ein Zeichen, dass es jetzt nicht mehr lange dauert. Er sagte: Du musst dir keine Sorgen machen. Ich gehe in Frieden und mir geht's gut. Und auch für dich wird es weitergehen. Und das hat mich sehr beruhigt. Und ja, das war irgendwie ein schönes Geschenk, das er mir gemacht hat. Dass Gerhard zu Hause sterben wollte und auch konnte. Das fühlte sich für mich sehr stimmig an, das passte einfach zu uns. Da war ich auch nicht ängstlich oder unsicher, weil dieses Gefühl der tiefen Liebe überwogen hat. Das hat mich getrieben und gestärkt. Und ja, da war natürlich viel Traurigkeit, weil der Abschied nahe war. Andererseits war es aber auch ein Gefühl von: Ich will das jetzt alles noch nutzen. Ich will ihm bis zum Schluss seine Hand halten und da sein. Und das hat mich auch getröstet, dieses Gefühl der Dankbarkeit. Das kann ich jetzt mit ihm erleben. Ich darf bei seinem Sterben dabei sein. Damals war das auch viel funktionieren, sich in dieser Blase, in der wir lebten, von Minute zu Minute sich zu hangeln.
Jana Lindner
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